Vor einem Jahr berichtete uns Thomas Fritzler von der CSR*-Zertifizierung seines Unternehmens – hier geht es zum Blogartikel. Wie blickt er im zweiten Jahr auf den Prozess, was hat sich verändert – und wo lagen Stolpersteine? Das wollten wir vom Head of Finance der Kommunikationsagentur Albert Bauer im Interview wissen.
*Corporate Social Responsibility (CSR)
Herr Fritzler, Sie haben die CSR-Zertifizierung ja damals aufgrund der Aufforderung eines Ihrer Kunden, eines Konzerns, vollzogen. Ändert das etwas an dem Commitment?
Richtig, einer unserer Kunden, ein Konzern, hat uns aufgefordert, uns einer CSR-Zertifizierung zu unterziehen – um eine nachhaltige Lieferkette sicherzustellen. Als wir uns entschieden hatten, dem nachzukommen, haben wir schnell gemerkt, dass die Zertifizierung zu durchlaufen mehr als eine Pflicht für das Erhalten des Zertifikats ist. Es macht nur Sinn, wenn man es richtig macht und das Thema lebt. Und das haben wir dann auch getan – und es passieren viele gute Dinge. Die jährliche Re-Zertifizierung zwingt uns, am Ball zu bleiben.
Können Sie uns ein paar Beispiele nennen? Was hat sich verändert und wie blicken Sie heute, ein Jahr nach der CSR-Zertifizierung, auf den Prozess?
Ein großer Bereich, um den wir uns gekümmert haben und dem wir nach wie vor viel Aufmerksamkeit widmen ist das Abfallmanagement. Neben der bekannten Trennung von Papier, Glas, Kunststoffen und Restmüll haben wir beispielsweise auch Sammelbehälter für Kronkorken aufgestellt. Die Idee kam von einem Kollegen. Wir sammeln Deckel im Büro, Kolleginnen und Kollegen bringen diese von zu Hause mit – und unser Stamm-Italiener um die Ecke hat auch einen Sammelbehälter aufgestellt. Die gesammelten Aluminiumdeckel spenden wir der gemeinnützigen Organisation „Eco Projects Global“, die Erlöse kommen sozialen Zwecken zugute. Das ist ein kleiner Beitrag, aber das Beispiel zeigt sehr eindrücklich, dass die Kolleginnen und Kollegen sensibilisiert wurden für die vielen CSR-Themen.
Welche Ansätze können Sie noch nennen, bei denen Sie eine Veränderung merken?
Mobilität ist ein weiteres Thema, mit dem wir uns intensiv auseinandergesetzt haben. Neben dem Jobrad und der sukzessiven Umstellung der Fahrzeugflotte auf E-Mobilität in den kommenden Jahren bezuschussen wir auch die Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs. Unser Geschäftsführer geht mit gutem Beispiel voran und kommt mit dem Fahrrad. Das ist aus meiner Sicht einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren: Die Geschäftsleitung hat sich committet und wir nehmen das Thema CSR sehr ernst. Das erhöht auch die Glaubwürdigkeit für die Mitarbeitenden.
Welche Stellschrauben nutzen Sie denn?
Wir haben eine Arbeitsgruppe Sustainability, die viele Themen erarbeitet und Ideen der Kolleginnen und Kollegen sammelt. So werden wir im nächsten Schritt beispielsweise den Stand-By-Betrieb von elektronischen Geräten reduzieren, indem wir intelligente Steckdosen anschaffen. Nachhaltiger Konsum ist ein weiterer Bereich, in dem wir einige Änderungen vorgenommen haben. Wir haben die Herkunft unserer Kaffee- und Teesorten überprüft und beziehen Getränke allgemein möglichst aus regionaler und nachhaltiger Herkunft. Zum Beispiel unsere Saftschorlen von einer gemeinnützigen GmbH, die mit gesellschaftlichen Randgruppen ungenutztes Obst erntet und verarbeitet.
Die Äpfel für unseren Agenturobstkorb hole ich jede Woche direkt beim Produzenten im Alten Land ab. Wir filtern das Leitungswasser, die Belegschaft kann sich das Wasser dann nach Geschmack mit Kohlensäure anreichern, jeder hat seine eigenen Glasflaschen.
Letztlich sind es viele kleine Stellschrauben, die man drehen kann. Wir sind mit offenen Augen unterwegs und integrieren viele kleine Ideen.
Wie entscheiden Sie, was umgesetzt wird und was nicht?
Wir setzen uns strategische Jahresziele – und stoßen nichts an, nur um Zertifizierungspunkte zu bekommen. Zudem schauen wir sehr genau, was wir sowieso schon machen und wie man dies in die Zertifizierung sinnvoll integrieren kann. Bei vielen Dingen braucht es auch einfach den Mut zur Lücke, man kann als Unternehmen nicht in allen Bereichen Punkte sammeln. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, lieber den Ausstoß von CO2 zu vermeiden als ihn zu kompensieren, uns quasi „freizukaufen“. Diese Entscheidung bedeutet auch, dass man Kosten dafür einplanen muss. Das umfasst sowohl die Kosten für das Beratungsunternehmen als auch die einzuplanenden Inhouse-Ressourcen für den Zertifizierungs- und Re-Zertifizierungsprozess, für die Arbeitsgruppe Sustainability, für die Mehrkosten von Ökostrom, Bio-Getränken, E-Mobilität und ähnlichem.
Was ist Ihre Bilanz nach dem ersten Jahr?
Die Auseinandersetzung mit Corporate Social Responsibility ist ein fortlaufender und kein endlicher Prozess. Wir sind noch lange nicht fertig, aber auf einem guten Weg. Sicherlich wird es uns nicht gelingen, alle Mitarbeitenden mitzunehmen oder zu überzeugen, aber unsere jährliche Kulturumfrage zeigt bereits, dass die Kolleginnen und Kollegen unser Engagement wertschätzen. Als Initialzündung war es wichtig, dass wir von einem Beratungsunternehmen auf dem Zertifizierungsprozess begleitet wurden. Das Allerwichtigste ist aus meiner Sicht, dass man eine Grundsatzentscheidung treffen muss, warum man sich zertifizieren lassen will – und diese Grundsatzentscheidung von der Geschäftsleitung mitgetragen wird.
Über Thomas Fritzler
Thomas Fritzler ist Head of Finance bei Albert Bauer Companies in Hamburg.
Thomas Fritzler auf LinkedIn.
Fotos: Canva, Thomas Fritzler
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