• 12. September 2023

„Die einzelnen Mitarbeitenden sind entscheidend für den Erfolg von KVP“ – ein Interview mit Melanie Marx (1/2)

„Die einzelnen Mitarbeitenden sind entscheidend für den Erfolg von KVP“ – ein Interview mit Melanie Marx (1/2)

„Die einzelnen Mitarbeitenden sind entscheidend für den Erfolg von KVP“ – ein Interview mit Melanie Marx (1/2) 1024 535 C4B

Strukturen, Prozesse, Mitarbeitende und Angebote, die jeden Tag ein bisschen besser werden: Das steht auf der Wunschliste wohl so ziemlich aller Unternehmenslenkerinnen und -lenker ganz oben. KVP, der systematisch angewandte kontinuierliche Verbesserungsprozess, zielt genau darauf ab. Melanie Marx, Head of Business Transformation & PMO bei delta pronatura, verrät uns, was entscheidend zum Gelingen der Methode beiträgt. Die studierte Wirtschaftspsychologin hat in der Vergangenheit bereits erfolgreich die Einführung eines KVP bei dem Buchhandelsunternehmen Thalia begleitet.

 

Frau Marx, KVP – Kontinuierliche Verbesserung als Methode erfreut sich großer Beliebtheit. Sie begleiten ja bereits zum zweiten Mal eine Einführung: Was trägt dazu bei, KVP erfolgreich im Unternehmen zu etablieren?

Aus meiner Sicht sind die einzelnen Mitarbeitenden entscheidend für den Erfolg, denn KVP ist die Aufforderung an jede und jeden einzelnen, selbst zur Verbesserung beizutragen. Die Mitarbeitenden sind die Spezialisten, sie beschäftigen sich jeden Tag mit ihren jeweiligen Aufgaben, wissen genau, was funktioniert – und was nicht. Dementsprechend liegt es nahe, ihnen nicht nur die Möglichkeit zu geben, Verbesserungen selbst durchzuführen, sondern es geht vor allem darum, eine Unternehmenskultur zu schaffen, in der solche praxisnahen Optimierungen ein wichtiger Bestandteil des Arbeitsalltags sind und Mitarbeiter dazu motiviert werden, Ideen zu teilen.

 

Was erfordert das von den Einzelnen, aber auch vom Unternehmen?

Dafür muss zunächst bei den Mitarbeitenden ein Bewusstsein dafür entstehen, dass jede und jeder einzelne sich und seine Prozesse permanent selbstkritisch hinterfragen sollte. Ist es so, wie ich es mache, optimal? Sie sollen ständig prüfen, wo und wie sie ihre Arbeit verbessern können. Das erfordert ein bestimmtes Mindset, eine Haltung der Einzelnen. Wie blicke ich auf das, was ich tue – so wie immer, so wie es mir gesagt wurde? Oder hinterfrage ich mich und mein Handeln selbstkritisch? Es erfordert in der Regel auch erst einmal ein Umdenken im Unternehmen, denn es ist eine kulturelle Veränderung, hin zu einer positiven Fehlerkultur. Dabei ist KVP als Mindset ist nicht nur Ermöglichung, sondern schon auch verbunden mit einer Erwartungshaltung an die Mitarbeitenden, sich zu hinterfragen und die Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen.

 

Warum sind die Unternehmens- und auch die Fehlerkultur so wichtig?

Damit der kontinuierliche Verbesserungsprozess Erfolg hat, muss er Teil der Unternehmenskultur werden. Das heißt, die Unternehmensführung muss den KVP benutzen wollen und die Rahmenbedingungen zur Umsetzung des KVP schaffen, indem auch die Arbeitszeit zur Verfügung gestellt oder Weiterbildung angeboten wird.

Eine positive Fehlerkultur ist aus meiner Sicht dabei mindestens genauso wichtig wie das Arbeiten am eigentlichen KV-Prozess. Jeder und jedem muss innerhalb des KVP ermöglicht werden, konstruktiv und offen Kritik zu äußern – aber das Äußern von Kritik birgt eben auch ein gewisses Konfliktpotenzial. Die Mitarbeitenden benötigen ein Umfeld, in dem Fehler nicht sanktioniert werden und sie sich trauen, Dinge anzusprechen und zu verändern. Das fängt schon bei einfachen Sachen an wie der Bitte, aus einem Verteiler genommen zu werden, um nicht andauernd Emails in CC zu erhalten.

Wie motiviert man die Mitarbeitenden dazu, wie schafft man dieses Bewusstsein?

Ich glaube wir Menschen sind bereits intrinsisch motiviert, uns laufend zu verbessern. Und fragt man die einzelnen Mitarbeitenden, so haben sie in der Regel schon viele gute Beispiele, welche Prozessschritte und Aufgaben, mit denen sie zu tun haben, verbesserungsfähig sind. Meist sind das nämlich die, die „nerven.“ Wie der eben genannte Verteiler. Denn es geht bei KVP genau darum: Bei den vielen kleinen und schnell zu realisierende Maßnahmen anzusetzen, die sogenannten „low hanging fruits“. Und weniger darum, große und langwierige Projekte aufzusetzen.

Indem Mitarbeitende eigenverantwortlich arbeiten können und sehen, dass auch ihre kleinen Ideen und Verbesserungsschritte wichtig sind, sind sie auch viel eher bereit, sich zu engagieren. Hinzu kommt, dass auch alle Teil des Prozesses sind und bei der Entwicklung mitwirken und sich verbessern.

 

Die kontinuierliche Verbesserung (KVP) stammt ursprünglich aus der Serienproduktion der Automobilbranche und wurde maßgeblich geprägt von Toyota und dem sogenannten Toyota-Produktionssystem. Der Begriff Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP), auch CIP – Continuous Improvement Process, fasst alle Maßnahmen zusammen, die geeignet sind, Produkte, Service, Prozesse und einzelne Tätigkeiten in einem Unternehmen zu verbessern. KVP wird im Rahmen von Teamarbeit durch fortwährende kleine Verbesserungsschritte (im Gegensatz zu Innovationen in Form großer, einschneidender Neuerungen) umgesetzt.

Der KVP umfasst in der Regel eine systematische Analyse und Bewertung der bestehenden Prozesse, gefolgt von der Identifizierung von Verbesserungspotenzialen und der Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung. Die Verbesserungen werden dann überwacht und bewertet, um sicherzustellen, dass sie die gewünschten Ergebnisse liefern. Der KVP ist dabei ein zyklischer Prozess, der sich fortlaufend wiederholt und eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung in der Organisation fördert.

 

Fotos: Melanie Marx, Canva

 

Über Melanie Marx

Melanie Marx ist Head of Business Transformation & PMO bei delta pronatura Dr. Krauss & Dr. Beckmann KG. Zuvor war die studierte Wirtschaftspsychologin bei der Thalia Bücher GmbH Teamleiterin Business Process Management.

Melanie Marx auf LinkedIn.