BI-Dashboards versprechen eine übersichtliche und verdichtete Darstellung von Daten und KPIs und vermeiden die Überfrachtung mit Detailinformationen. Im Idealfall. Doch wie erstellt man Dashboards, die Empfänger begeistern? Was hat Storytelling damit zu tun? Und welche Fehler sollte man vermeiden? Diese und weitere Fragen erklärt Oliver Ulbrich von reportingimpulse im Interview.
„Dashboards sind kein Schweizer Taschenmesser“ – so der Titel einer Eurer Podcast-Folgen. Warum eigentlich nicht? Taschenmesser sind klein, erfüllen viele Zwecke und man kann sie überall mit hinnehmen – ist das nicht auch genau das, was Controller sich von Dashboards wünschen?
Oliver Ulbrich: Ein Schweizer Taschenmesser ist zwar prima, es kann irgendwie vieles. Aber das eben nur ein bisschen, dafür nichts so richtig gut. Es hat eine Sägefunktion, man kann damit aber keinen Baum fällen. Man benötigt immer zur Aufgabe und Herausforderung passendes Werkzeug – das gilt auch für Dashboards.
Der Wunsch, mit einem Ansatz alle Bedürfnisse zu erfüllen, ist wahrscheinlich sehr häufig. Gibt es das überhaupt – ein Dashboard, mit dem alles geht, die sogenannte „eierlegende Wollmilchsau“?
Oliver Ulbrich: Wir hören sehr häufig den Wunsch „Ich muss alles sehen“. Aber das ist meist eine Erwartung, die nicht von der Fragestellung kommt. Ich bin Angler, fahre zum Angeln und nehme ein Anglermesser mit. Ich will einen Baum fällen und dafür benötige ich eine Säge. Und nicht mein Schweizer Taschenmesser. Zuerst sollte man die Anforderungen definieren, dann kann man das Werkzeug auswählen. Dazu gilt es herauszufinden: Was möchte mein Empfänger wirklich wissen? Das stellt an die Ersteller des Dashboards zunächst die Aufgabe, herauszufinden, was die Empfängerin oder der Empfänger wirklich benötigt.
Beschreiben Sie das doch bitte einmal näher
Oliver Ulbrich: Wenn Umsätze, Marge, Lager und Kunden die KPI’s sind, nach denen im Sales gesteuert wird, dann muss ich diese auf einen Blick sehen. Das ist die Startseite meines Dashboards, idealerweise eine sogenannte Landingpage mit Kacheln. Fällt mir dann beim Blick auf zum Beispiel die Marge auf, dass diese gefallen ist, dann möchte ich doch wissen, warum diese gefallen ist. Was sind die Einflussfaktoren? Also klicke ich auf die Kachel „Marge“ und schaue mir die Einflussfaktoren auf zweiter Ebene genauer an. Zurück auf der Landingpage kann ich mir noch Kunden anschauen. Klicke ich hier ebenso wieder eine Ebene tiefer, dann kann ich zum Beispiel sehen, wo man mehr Kunden gewonnen hat – bei bestimmten Produkten oder in bestimmten Regionen. Das setzt aber voraus, dass sich Controllerin oder Controller mit den Fachabteilungen zusammengesetzt haben, um deren Anforderungen zu klären. Das ist aber erst der zweite Schritt.
Und was ist der erste Schritt?
Oliver Ulbrich: Im ersten Schritt muss ich als Controllerin oder Controller einen Plan, eine Lösung in meinem Koffer haben und wissen, welche Dashboard-Typen ich einsetze und nach welchem Standard ich visualisieren möchte. Und diesen Standard gilt es zunächst festzulegen. Es gibt viele gute BI-Tools – und die können alle sehr viel. Aber aufgrund der vielen Möglichkeiten dieser Tools werden häufig nur bunte Bildchen produziert. Wesentlich ist, sich mit Informations-Design und Gestaltungsprinzipien auseinanderzusetzen und zu wissen, welche Diagramme nutze ich zur Visualisierung für welche Fragestellung? Wie wirken Farben und welche sollte ich einsetzen? Ich nehme gerne Netflix als Beispiel. Dort habe ich eine Kachelübersicht, klicke auf eine Film-Kachel, bekomme auf einer zweiten Ebene ein paar Zusatzinformationen zu dem Film und starte den Film. Will ich hinterher noch wissen, wer der Stuntman war oder wer die Filmmusik komponiert hat, schaue ich mir den Abspann an. Ich kenne keine Menschen, die zuerst den Abspann schauen. In einer Tabelle sehe ich zunächst alles. Aber ist das wirklich so sinnvoll? Muss ich denn wirklich alles auf einmal sehen? Deshalb ist neben der Auswahl der Visualisierung vor allem die Führung, Guidance, so wichtig. Wir unterscheiden hier zwischen geführten bzw. Guided Dashboards und explorativen Analytics Dashboards.
Und wie sieht es dann aus, das Dashboard, mit dem ich als Controllerin oder als Controller alle glücklich mache? Was ist empfängergerecht?
Oliver Ulbrich: Es gibt nicht nur das eine Dashboard, das alle glücklich macht und alle Fragestellungen im Unternehmen beantwortet. Das schafft keine Transparenz und bringt auch keinen Mehrwert, weil Marketing andere Infos als Sales benötigt. Deshalb muss man von der Fragestellung kommen und wissen, was die Fachabteilungen benötigen: Welche Informationen, welche Zahlen benötigst du, damit du dein Personalbedarf besser planen oder deine Marketingaktionen besser steuern kannst? Und das kann sich die Controllerin oder der Controller auch nicht im stillen Kämmerlein ausdenken, das entsteht in einem gemeinsamen Gespräch. Bei reportingimpulse haben wir dafür einen „Dashboard Requirement Process“ definiert, dieser umfasst fünf Schritte. So beispielsweise einen Fragegebogen, mit dem ich die Anforderungen der jeweiligen Fachabteilung erfrage. Im Anschluss geht es über das Prototyping zum ersten Live-Dashboard. Der Prozess umfasst auch eine Checkliste, Reviews und weitere Schritte.
Welche Dashboard-Typen es gibt, wie man Visualisierungsfehler vermeidet und welche Hindernisse sich auf dem Weg zum Dashboard auftun, erläutert Oliver Ulbrich im zweiten Teil des Interviews.
Über Oliver Ulbrich
Oliver Ulbrich ist bei reportingimpulse Head of Consulting und verantwortet dort die Consulting Sparte. Daneben ist er Host und Co-Host verschiedener Live Stream Formate, außerdem Dashboard Experte, Sparringspartner des Managements und Enabler der Fachabteilungen sowie Spezialist für Dashboard Prototyping.
Oliver Ulbrich auf LinkedIn
reportingimpulse/BI or DIE auf YouTube