In vielen Beiträgen geht es um Trends im Controlling. Doch wie sieht es in der Unternehmens-Wirklichkeit aus? Was bewegt Controllerinnen und Controller im Arbeitsalltag – und wie müssen sie die Controlling-Organisation für die Zukunft aufstellen? Darüber haben wir mit Ute Schröder gesprochen.
Ute, Du rätst Unternehmen dazu, auch ihre Controlling-Organisation in regelmäßigen Abständen neu zu justieren. Warum?
Ute Schröder: Die Veränderungsgeschwindigkeit ist rasant. Deshalb gehören nicht nur Geschäftsmodelle regelmäßig auf den Prüfstand, auch die Controlling-Organisation bedarf regelmäßiger Überprüfung: Wo wollen wir hin? Wie strukturieren, wie organisieren wir uns? Denn bestehende Prozesse sind oft geprägt von nicht konsistenten Arbeitsschritten und Workarounds. Wir haben deshalb für und mit unseren Benchmarking Circle Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus den Konzernen und dem Mittelstand einmal die Anforderungen für die Controlling-Organisation der Zukunft unter die Lupe genommen. Und gemeinsam – aus der Unternehmenspraxis heraus – die Anforderungen und Strukturen definiert.
Was hat Dich dabei am meisten überrascht? Worin bestehen die maßgeblichen Unterschiede?
Nun, wenig überraschend ist, dass die Controlling-Organisationen im Konzernumfeld anders aufgestellt sind als im Mittelstand. Die Aufgaben der Controlling-Einheiten in Konzernzentralen unterscheiden sich von jenen auf Geschäftsbereichs-, Beteiligungsunternehmens- oder Tochtergesellschaftsebene. Und auch im Mittelstand bestehen Unterschiede, hier natürlich maßgeblich abhängig von Unternehmensgrößen. Es lässt sich nicht pauschalisieren, aber im Mittelstand sind die Controlling-Verantwortlichen aufgrund der Größe tendenziell noch einmal mehr mit den aktuellen Anforderungen beschäftigt und intensiv involviert. In Konsequenz bleibt wenig Zeit, sich mit Automatisierungsaufgaben und grundsätzlicher Strukturierung beziehungsweise Datenmanagement zu beschäftigen.
Liest man heute über die Controlling-Organisation der Zukunft und das Rollenbild von Controllerinnen und Controllern, dann trifft man auf eine wahre Flut an Bezeichnungen und Anforderungen…
Ja, die haben aber mit der Wirklichkeit im Unternehmen oft nicht viel zu tun. Wir haben uns deshalb an dem Ist-Zustand und den tatsächlichen Erfahrungen unserer Unternehmenskunden orientiert.
Wo siehst Du Gemeinsamkeiten?
Allen ist bewusst, dass es wichtig ist, transaktionale und repetitive Abläufe in der Finanzbuchhaltung und im Controlling zu digitalisieren und zu automatisieren. Die Organisation muss flexibler werden und ihre Abläufe darauf ausrichten, sich dem permanent verändernden Umfeld schnell anzupassen. Bei den mittelständischen Unternehmen, insbesondere den kleineren, beobachte ich, dass hier es hier vielfach noch darum geht, erst einmal anzufangen und genau zu überlegen, was man zentral organisiert und was nicht, was sich digitalisieren und automatisieren lässt. Gerade für den Mittelstand gilt, dass man sich umso mehr vorne entlasten muss bei Standardaufgaben, damit diese einheitlich sind, strukturiert sind. Und damit Kapazität gewinnt, um nach hinten raus Zeit zu haben für die strategischen Aufgaben und sich aktiv bei der Gestaltung der zukünftigen Geschäftsmodelle einzubringen.
Welche Strukturen habt Ihr im Benchmarking Circle für die Konzerne definiert?
Wir haben im Benchmarking Circle vier Rollen herausgearbeitet. Den BI-Basisbetrieb & Datamanagement, das Group Reporting, das BU- & Funktions- Controlling und den Business Partner. Sowohl für Konzerne als auch Mittelstand gilt zunächst: Daten sind das entscheidende, sie sind quasi der Rohstoff für neue Technologien, der Geschäftsprozesse und neue digitale Produkte revolutioniert – auch in der Finanzfunktion.
Fotos: Eindrücke von unserem Live-Event bei der HHLA im August 2022. Hier haben wir gemeinsam die Controlling-Rollen der Zukunft im Konzern erarbeitet.
Kannst Du uns bitte die vier Rollen näher erläutern?
Der BI-Basisbetrieb, agiert als Service-Funktion. Dieses Team ist zuständig für die Master Data, das BI-System bis zur Query, also den systemischen Basisbetrieb und Aufbau von Datenstrukturen anhand der Vorgaben beziehungsweise Governance des Group Reporting. Dieses Team kann im Controlling oder auch in der IT organisatorisch angehängt sein. Das Group Reporting betreut das Standard-Reporting. Idealerweise im SSC. Hier werde strukturierte Daten periodisch abgearbeitet. Die Konsolidierung fällt ebenfalls ins Group Reporting. Diskutiert haben wir auch, dass es sinnvoll ist, dass Cost-Accounting ebenfalls hier anzusiedeln. Das Team kann im Controlling oder im Accounting angehängt sein.
Das BU-/Funktionscontrolling ist zuständig für Ad hoc-Anfragen und die Ansprache der Bereiche, Beteiligungen, Funktionen. Außerdem ist dieses Team verantwortlich für die Planung und tiefere Expertenanalysen. Das Team sollte möglichst zentral im SSC organisiert sein. Die „Controllingfunktionen“ in den Fachbereichen sollten noch einmal überprüft werden. Hier lassen sich einige doppelte Arbeiten durch ein funktionierendes Self-Service-BI-System vermeiden.
Wir haben die Businesspartner :in als Partner/Berater des Managements gesehen. Der Businesspartner ist der interne Berater, betreut aktuelle Projekte im Projektmanagement, unterstützt das Management auch im Business Development beziehungsweise der Weiterentwicklung neuer Geschäftsfelder. Er beziehungsweise sie ist verantwortlich für die Steuerung des Geschäftsmodells und die strategische Ausrichtung. Die Anforderungen an diese Rolle ist eine unternehmerische Denke und ein Generalisten Wissen. Bei den größeren Konzernen ist dieses oft schon eine eigene Funktion oder Abteilung. Im Mittelstand übernimmt diese Rolle oft die Controllingleitung. Hier verschwimmt auch das BU-/Funktionscontrolling mit dem Businesspartner und es ist in einem Bereich angesiedelt. Mehr dazu im nächsten Teil.
Im zweiten Teil des Interviews sprechen wir mit Ute Schröder über die Controlling-Organisation im Mittelstand
Fotos: Ute Schröder, Canva
Über Ute Schröder
Ute Schröder, Geschäftsführerin bei C4B-Team GmbH & Co KG, begeistert sich seit mehr als 20 Jahren für Controllingthemen: erst in verschiedenen Rollen im Konzerncontrolling, dann als Leiterin Auslandscontrolling bei Jungheinrich – und seit 2003 mit einem eigenen Netzwerk für Führungskräfte im Finance. Sie vernetzt Controlling- und Accounting-Entscheider:innen und bietet eine einzigartige Plattform für fachlichen Erfahrungsaustausch. Privat ist Ute Schröder gerne sportlich in der Natur unterwegs; sie lebt mit ihrem Mann in der Nähe von Hamburg.
Ute Schröder auf LinkedIn.
Neugierig, wie ihre Stimme klingt? Hier geht es zum CONTROLL & ROLL Podcast. Ute und Dennis sprechen im Wechsel mit Finance Führungskräften, CFOs und CEOs über aktuelle Herausforderungen und alles, was sie im Beruf weiterbringt und Spaß macht.