„Es geht im Unternehmen immer darum, Geld zu verdienen – also die „Schatzkammer zu vergrößern“, sagt Denis Glowicki, Leiter Finanzen bei der Wicke GmbH + Co. KG. Deshalb rät er auch kleinen mittelständischen Unternehmen, sich mit Treasury zu beschäftigen. Worin dabei die Herausforderungen liegen, verrät er im Interview.
Denis, worin liegt aus Deiner Sicht, gerade für mittelständische Unternehmen, die Herausforderung im Corporate Treasury?
Die Kernaufgabe des Treasury besteht darin, die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens zu sichern sowie die Finanzströme und -risiken zu steuern. Bis zu einer gewissen Komplexität haben gerade kleinere Unternehmen keine eigene Abteilung dafür. Kasse, Bank- und Darlehnskonten werden von der Buchhaltung mit verwaltet, für die Freigabe von Auszahlungen existiert ein sehr einfaches Regelwerk. Erst wenn Fragestellungen zum Handling verschiedener Währungen oder Cashpooling innerhalb einer Unternehmensgruppe aufkommen, beschäftigt man sich erstmals aktiv mit dem Thema Treasury. Ab hier macht es auch definitiv Sinn, dass sich Unternehmer aktiv und damit kostensparend um das Liquiditätsmanagement kümmern.
Lohnt es sich auch dann erst für Unternehmen, sich intensiver damit zu befassen?
Nein, auch vorher kann es schon lohnend sein, die verfügbaren Finanzmittel zu optimieren und somit Zins- und Währungskosten zu sparen. Auch das Thema Risikomanagement sollte bereits weit vor einem aktiven Finanzmanagement betrachtet werden. Zumindest würde ich dringend empfehlen, Notfallkonzepte zu Berechtigungen, gesicherten Bankzugängen und Fallback-Möglichkeiten bei Ausfällen zu entwickeln. Insgesamt, so denke ich, hat und wird sich Treasury auch weiterhin aus seiner reinen passiven Rolle aus Risikogesichtspunkten im Unternehmen etablieren. Das geht einher mit neuen Themen, weil Fintechs endlich Schwung in die Digitalisierung der Zahlungsflüsse und -abwicklung bringen. Aber auch gerade wieder aufkommende altbekannte Themenschwerpunkte wie Finanzierung erleben aufgrund des veränderten Zinsniveaus ein Revival. Für eine ganze Generation BWL’er werden gerade im Moment Finanzierungskosten erstmals ein relevantes Thema in deren Berufspraxis.
Ist das allen Unternehmen klar? Wie kann man sie dafür sensibilisieren?
Dazu stelle ich gerne eine Gegenfrage: Wobei geht es eigentliche bei jedem Wirtschaftsunternehmen? Darauf erhält man verschiedene Antworten, je nachdem, wo die Personen tätig sind. Es reicht von dem spezifischen Service beziehungsweise ein Produktangebot – bis zum Erwirtschaften von Gewinn. Wenn man es aber mal ganz ehrlich herunterbricht, geht es letztlich immer darum, Geld zu verdienen. Das kann man auch anders mit „die Schatzkammer zu vergrößern“ ausdrücken. Alle anderen Aktivitäten im Unternehmen sind nur Mittel zum Zweck, das eigentlich Endprodukt zu vermehren. Meine Erfahrung ist, dass wenn man dieses als Ziel auch ganz offen als Credo im Unternehmen kommuniziert, dann kann dies das Zusammenspiel der einzelnen Abteilungen verbessern. Die Steuerung in den Unternehmen ist oft stark auf Profit und nicht auf Cashflow fokussiert.
Was meinst Du konkret mit verbessertem Zusammenspiel?
Ein Beschaffungsvorgang ist nicht mit Erhalt der Ware oder Dienstleistung, sondern mit den Zahlungen der Rechnungen erledigt. Ein Verkauf ist erst mit Eingang der Zahlung vom Kunden abgeschlossen. Variable Vergütungen könnten statt auf Profitbasis – sprich Gewinnrealisierungsmethode – nach operativem Cash-Wachstum bemessen werden. Solche Überlegungen können einer langfristigen Gesunderhaltung eines Unternehmens dienen – und das misst dem Treasury eine weitreichendere Bedeutung zu.
Wie sollte denn das Treasury im Unternehmen aufgebaut sein?
Treasury-Abteilungen sind ganz unterschiedlich aufgebaut, da gibt es keine fest vorgeschriebene Organisationsform. Jedes Treasury ist individuell, und hängt im Wesentlichen von der Struktur, Größe, Internationalität und Komplexität des Geschäftsmodells, der Branche und der finanziellen Geschäftssituation ab. Das Treasury muss nicht nur auf die spezifische Situation im Unternehmen ausgerichtet sein, sondern sich auch synchron zur unternehmerischen Agenda weiterentwickeln.
Nun kann man Treasury ja nicht studieren. Wie wird man Schatzmeisterin oder Schatzmeister im Unternehmen?
Das stimmt, es gibt weder eine eindeutig zutreffende deutsche Übersetzung für Treasury noch eine gezielte Ausbildung oder Studium zum Treasurer. Der Weg führt in der Regel entweder über eine Banklehre, indem man den nötigen BWL-Teil zur Unternehmensführung ergänzend lernt, oder den umgekehrten Werdegang durch ein BWL-Studium mit ergänzendem Wissen einer Banklehre. Es ist mangels einer Studienrichtung oder eines Ausbildungsberufes ein gewisser Umweg über Weiterbildungsangebote, Erfahrung sammeln und Austausch untereinander nötig, um Unternehmens-Schatzmeister zu werden. Genau für diesen Zweck Mitarbeitenden aus diesem Bereich, als auch Controllern und Unternehmensleitung einen Gesamtüberblick an Aufgaben, Abläufen und Möglichkeiten des Treasurys aufzuzeigen, haben wir unter der Leitung von C4B eine ausführliche Prozessbeschreibung verfasst, das Treasury-Manual.
Für wen eignet sich die Prozessbeschreibung?
Das Manual richtet sich sowohl an Einsteiger auf diesem Gebiet als auch an Experten, denen es zur Orientierung und als Benchmark dienen kann. Die Prozessketten sind tiefgreifend beschrieben und erläutert, so dass man, je nach Wissensstand, für seine eigene Arbeit wertvolle Erkenntnisse gewinnen kann. Wie umfassend das Thema Treasury sein kann, zeigen die über 600 Prozessschritte, die wir in unser Manual aufgenommen und beschrieben haben. Der Gesamtumfang dieses Paketes hat mich am Ende selbst überrascht.
Fotos: Unsplash, Canva, Denis Glowicki
Über Denis Glowicki:
Denis Glowicki ist Leiter Finanzen und Personal sowie Mitglied der Geschäftsführung der Wicke GmbH + Co. KG, einem der weltweit führenden Hersteller industrieller Räder, Reifen, Lenk- und Bockrollen für Transportgeräte und andere Anwendungsbereiche. Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz in Sprockhövel/ Nordrhein-Westfalen und beschäftigt weltweit etwa 1.000 Mitarbeiter:innen. Glowicki, von Haus aus Steuerberater, ist seit mehr als zehn Jahren im Unternehmen und seit 2019 Mitglied der Geschäftsleitung.