• 2. Januar 2020

„Wir schenken Kindern eine Zukunft“ – Ein Interview mit Reiner Meutsch von der Stiftung Fly & Help

„Wir schenken Kindern eine Zukunft“ – Ein Interview mit Reiner Meutsch von der Stiftung Fly & Help

„Wir schenken Kindern eine Zukunft“ – Ein Interview mit Reiner Meutsch von der Stiftung Fly & Help 1024 680 C4B

Wenn man auf ein Jahr zurückblickt, dann sind es meist die persönlichen Begegnungen, die einem besonders in Erinnerung bleiben. Auf einer Reise nach Mallorca habe ich Reiner Meutsch kennengelernt. Er ist Gründer und Vorsitzender der Stiftung Fly & Help, die den Bau von Schulen in Entwicklungsländern fördert. Reiner Meutsch und seine ehrenamtliche Arbeit haben mich nachhaltig beeindruckt. Deshalb unterstützen auch wir von C4B in diesem Jahr mit einer Spende die Stiftung Fly & Help. Ich freue mich sehr, dass uns Reiner Meutsch für den C4B Blog ein Interview gegeben hat – damit wir auch Ihnen einen kleinen Einblick in seine imponierende Aufgabe gewähren können. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, mich bei allen unseren Interviewpartnern, Gastautoren und vor allem bei allen Leserinnen und Lesern zu bedanken. Das gesamte C4B-Team wünscht ein glückliches und erfolgreiches neues Jahr,

Ihre Ute Schröder

 

Alles begann mit einer Reise, die Abenteuer, Hilfsprojekt und Herzenswunsch zugleich war: Reiner Meutsch, ehemaliger geschäftsführender Gesellschafter des Reiseveranstalters Berge & Meer, erfüllte sich einen Lebenstraum: Er tauschte seinen Schreibtisch gegen das Cockpit eines Kleinflugzeuges, um einmal die Erde zu umfliegen. Im Januar 2010 startete der Manager aus dem Westerwald zur Weltumrundung, bei der er zugleich Hilfsprojekte in Ghana, Ruanda, Indien, Indonesien sowie Brasilien besuchte und unterstützte. Reiner Meutsch erzählte uns im Interview mehr zu seiner Stiftung Fly & Help und seinen Zielen.


Schuleröffnung in Brasilien: Reiner Meutsch ist mit vor Ort.

Sie haben vor 8 Jahren Ihren Pilotenschein gemacht und sind 2010 aufgebrochen, um mit einem Kleinflugzeug einmal um die Welt zu reisen. Wie kamen Sie auf die Idee?

Es war schon immer mein Traum, einmal die Welt im Kleinflugzeug zu umrunden. Irgendwann dachte ich an die Worte meines Vaters: Er wollte immer die Welt bereisen, wenn er mal in Rente wäre. Dazu ist es nie gekommen. Er starb mit 58 Jahren. Also beschloss ich, meinen Traum rechtzeitig umzusetzen. Ich plante den Rückzug aus meiner Firma und verkaufte meine Unternehmensanteile am Reiseveranstalter Berge & Meer. Ich ließ mich zum Piloten ausbilden und startete in 2010 zu einer zehnmonatigen Weltreise durch 77 Länder.

 

Es ging Ihnen jedoch nicht nur um die Reise, Sie starteten mit der Idee, auch Bildungsprojekte zu unterstützen. Wie entstand dieser Wunsch?

Genau, ich wollte dieser Reise einen tieferen Sinn geben. Die Idee war, fünf Bildungsprojekte in Afrika, Asien und Lateinamerika zu finanzieren und bei der Weltumrundung zu besuchen.

Ich bin in meinem Beruf viel gereist. Meist stand die Frage nach der touristischen Vermarktung im Vordergrund. Doch viele Traumreiseziele bieten den Einheimischen gar keine traumhaften Bedingungen. Besonders tragisch finde ich es, wenn Kinder keinen Zugang zu Schulbildung haben – und damit keine Perspektive. Daher habe ich während meiner Weltumrundung Bildungsprojekte für Kinder unterstützt.


Bau einer Schule in Gitambi, Ruanda.

 

Können Sie sich an besonders prägende Erlebnisse während dieser ersten Reise erinnern?

Die erste Schuleinweihung in Ruanda war für mich überwältigend. Da strahlten mich tausende dankbare Kinderaugen an. Die Kinder waren so glücklich, dass sie durch meine Unterstützung nun Lesen, Schreiben und Rechnen lernen können – das hat mich tief berührt und da konnte ich auch die Tränen nicht mehr zurückhalten.

Das war der Moment, in dem ich beschloss, dass das mein neues Lebensziel werden soll: ich möchte so viele Schulen wie möglich für Kinder in Entwicklungsländern bauen.


Reiner Meutsch freut sich über die erste Schuleinweihung in Ruanda.

Wenn Sie heute unterwegs sind, was hat sich an Ihrer Perspektive, an Ihrer Sicht verändert?

Die vielen Reisen in die ärmsten Länder unserer Welt haben mich demütig gemacht. Die Menschen dort haben nichts und sind dennoch glücklich. Seitdem weiß ich viel mehr zu schätzen, wie gut es uns hier geht. Probleme, die mich früher beschäftigt haben, sind plötzlich nichtig geworden. Denn im Grunde haben wir hier keine echten Probleme: Wir haben alle ein Dach über dem Kopf, fließendes Wasser, genug zu Essen, keinen Krieg, haben eine gute medizinische Versorgung und unsere Kinder können zur Schule gehen. Dafür sollten wir alle sehr dankbar sein, denn all diese Dinge sind nicht selbstverständlich auf dieser Welt.

 

Wie viele Projekte unterstützt Ihre Stiftung inzwischen?

Aus den fünf Projekten während der Weltumrundung sind in den letzten 10 Jahren bereits 330 Schulen in 44 Ländern geworden, die meine Stiftung FLY & HELP gebaut hat.

  
Reiner Meutsch bei Hilfsprojekten in Brasilien und Indonesien

 

Wie viele Kinder konnten dank Ihrer Stiftung inzwischen eine Schule besuchen und einen Abschluss machen?

In unseren Schulen lernen derzeit 65.000 Kinder. Meine Stiftung unterstützt hauptsächlich Vor- und Grundschulgebäude.

 

Haben Sie auch Kontakt zu ehemaligen Schülern, können Sie den ein oder anderen Lebensweg verfolgen?

Wir arbeiten in den Ländern mit Projektpartnern zusammen, die oft ausgewählte Kinder bis zur Universität begleiten und ihnen Stipendien ermöglichen. In unserem neuen Buch „Abenteuer Kinderlachen – Vom Glück, lernen zu dürfen“, das gerade frisch erschienen ist, stellen wir 20 Kinder unserer Schulen vor und erzählen deren Geschichten.

Das Buch ist bestellbar unter www.buch-kinderlachen.de

 

Worauf legen Sie bei der Auswahl eines Projektes besonderen Wert?

Wir haben strenge Förderkriterien, die all unsere Projekte erfüllen müssen. Besonderen Wert legen wir zum Beispiel darauf, dass wir einen deutschen Projektpartner vor Ort haben, der für die korrekte Durchführung verantwortlich ist und ein ordentliches Controlling gewährleistet. Und außerdem ist uns die Nachhaltigkeit sehr wichtig. Die laufenden Kosten für den Betrieb müssen vom Staat übernommen werden. Oder wenn es kirchliche oder private Schulen sind, muss ein plausibles Nachhaltigkeitskonzept vorgelegt werden.

Ein Gremium prüft dann alle Projekte auf Förderwürdigkeit und Bedürftigkeit. Alle Spenden fließen 1:1 in die Projekte, denn alle Verwaltungskosten werden von mir privat oder von Sponsoren übernommen.

 

Was braucht es, um ein Projekt erfolgreich umsetzen, abgesehen von finanziellen Mitteln? Worauf kommt es Ihrer Meinung nach besonders an?

Man braucht vertrauenswürdige Partner vor Ort, die Erfahrung in den Ländern haben und persönlich die Umsetzung kontrollieren. Wir sind in 44 Ländern tätig und haben dort 79 Projektpartner-Organisationen. Unsere Partner haben Kontakte zu guten Bauunternehmern und den Regierungen. Das ist wichtig in Ländern, in denen oft Korruption noch an der Tagesordnung ist. Ich selbst schaue mir auch die Projekte oft vor Ort persönlich an oder fahre gemeinsam mit Spendern zu den Schuleröffnungen.

Reiner Meutsch beim Projekt vor Ort in Nyabimata, Afrika.

 

Die Leser unseres Blogs sind Finance-Experten, da drängt sich geradezu auch eine Frage nach dem Projektcontrolling auf. Können Sie uns kurze Stichworte geben, wie die Auswahlkriterien für Projekte aussehen, wie ein Controlling und Monitoring der Projekte stattfindet?

Wir erhalten für jedes Projekt vorab einen genauen Kostenvoranschlag zu dem Bauvorhaben inklusive Bauplänen. Da wir bereits 330 Schulprojekte umgesetzt haben, können wir sofort einschätzen, ob diese Kosten realistisch sind.

Die Bauunternehmen werden nach Baufortschritt in mehreren Raten bezahlt.

Am Ende erhalten wir von unseren Projektpartnern eine detaillierte Kostenübersicht und auch Kopien der wichtigsten Belege, um kontrollieren zu können, dass die Spende auch wirklich 1:1 in das Projekt geflossen ist.

 

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit vor Ort?

Die Gemeinden werden immer in das Projekt von Beginn an einbezogen. Das ist wichtig, damit sich die Dorfbewohner mit dem Schulbau auch identifizieren. Meist steuert die Gemeinde einen Eigenbeitrag dazu, z.B. die Stellung des Grundstücks und die ungelernten Arbeitskräfte. Die Arbeiter aus dem Dorf werden in dem Zuge auch von den gelernten Bauarbeitern angelernt, damit sie später Reparaturen selbst durchführen können.

Von den laufenden Bauarbeiten erhalten wir fortlaufend Foto-Berichte.

 

Gibt es auch Erlebnisse in der Arbeit vor Ort, die Sie frustrieren? Welche sind das – und wie gehen Sie damit um?

Es gibt Projekte, die sich durch bestimmte Umstände (Überschwemmungen, Unruhen, Lieferengpässe etc.) verzögern können. Meist gehen die Bauarbeiten zügig voran, aber teilweise braucht man auch Geduld und Verständnis, wenn sich Arbeiten verzögern.

Generell beunruhigt mich das starke Bevölkerungswachstum in den Ländern. Die Schülerzahlen steigen von Jahr zu Jahr an. Viele Klassen sind daher schnell schon wieder überfüllt.

Daher legen wir besonderen Wert darauf, dass auch Mädchen Bildung erhalten und ihren Lebenssinn nicht nur in der Anzahl ihrer Kinder sehen. Wir führen an den Schulen auch Workshops zu Hygiene und Verhütung durch. In vielen unserer Projektregionen sind 5-7 Kinder pro Familie der Durchschnitt.

 

Sie waren als Reiseunternehmer erfolgreich, haben den Reisedirektanbieter Berge & Meer zum Marktführer im Direktvertrieb von Reisen aufgebaut Was bedeutet heute Erfolg für Sie?

Ich bin froh, dass mein beruflicher Erfolg bei Berge & Meer mir heute ermöglicht, mein Leben der Stiftungsarbeit zu widmen. Es ist jedes Mal ein Erfolgserlebnis, wenn wir einen neuen Spender gewinnen können, der eine Schule finanziert. Oder wenn wir eine neue Schule einweihen können.

Früher bedeutete Erfolg für mich, Umsatz und Gewinn zu machen. Heute weiß ich, dass es viel glücklicher macht, anderen eine Freude zu machen und Kindern eine Zukunft zu schenken.

 

Welche Ziele haben Sie sich für das neue Jahr gesetzt?

Wir haben schon wieder viele neue Projekte für 2020 in der Planung. Es werden mindestens 50 neue Schulen werden. Außerdem sind bereits zahlreiche Reisen geplant. Unser größtes Charity-Event ist die „Nacht des Deutschen Schlagers“ in der Dominikanischen Republik. Außerdem werde ich mit Spendern u.a. nach Namibia, Botswana, Tansania, Ruanda, Nigeria und Myanmar reisen.

 

Informationen zu den Projekten von Fly & Help finden Sie auf der Website: https://www.fly-and-help.de/ sowie Flyer

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