• 24. Oktober 2017

Steuerung des Working Capital über Supply Chain Management

Steuerung des Working Capital über Supply Chain Management

Steuerung des Working Capital über Supply Chain Management 150 150 C4B

Vorratsmanagement oder Bestandsmanagement unter Betrachtung der Lieferkette, Logistik und Lagerhaltung zählt zu dem dritten, in meinen Augen sehr wichtigen Stellhebel bei der Optimierung des Working Capital. Das Management von Forderungen habe ich ebenso wie das Management von Verbindlichkeiten in meinen vorherigen Beiträgen beleuchtet.

Zu einem Bestandsmanagement gehört es, die „richtigen“ Bestände identifizieren, um unnötige eliminieren zu können. Die Praxis zeigt, dass Bestandshöhen oft historisch bedingt sind und nur in begrenztem Umfang aktiv gemanagt werden, vielfach nicht den Anforderungen der Produktionsprozesse oder des Kundenbedarfs entsprechen. Das Bestandsmanagement steht immer vor der Herausforderung, die Lagerbestände so an die Nachfrage anzupassen, dass die Verfügbarkeit jederzeit gewährleistet ist, idealerweise zu möglichst niedrigen Prozesskosten.

Ein volles Lager garantiert zwar Liefersicherheit, bindet aber das Unternehmenskapital unnötig und erzeugt zusätzlich erhöhte Logistikkosten. Auf der anderen Seite führt ein zu knapp bemessener Warenbestand zu Lieferengpässen, die wiederum Imageschäden und schlimmstenfalls den Verlust wichtiger Handelspartner nach sich ziehen. Eine systematische und intelligente Handhabung der Bestände senkt den Kapitalbedarf des Unternehmens grundsätzlich. Deshalb gehe ich in diesem Beitrag auf das Vorrats- oder Bestandsmanagement ein und stelle Ihnen die in meinen Augen effektivsten Stellhebel zur Optimierung vor.

  1. Erhöhung der Präzision in der 3-Monats-Planung

Wie planbar bin ich als Unternehmen? Bin ich in der Lage, meine genauen Stückzahlen, die ich absetzen möchte, auch zu prognostizieren? Nur mit dem Aufbau einer funktionalen Produktions- und Absatzplanung, gerade in diesem kurzfristigen Bereich, kann das Unternehmen die Supply Chain Kette dahinter auch takten. Meine Beobachtung ist, dass dies oft vernachlässigt wird. Der Vertrieb will verkaufen, hat häufig nicht die Zeit oder das Interesse, genaue Stückzahlen an die Produktion zu liefern. Seitens der IT gibt es hier inzwischen gute Unterstützung. So kann man beispielsweise einzelne Artikel auf Basis der historischen Absatzmenge, nach Zeit oder Kunde, klassifizieren und mit verschiedenen Prognosemodellen die Absatzplanung erstellen. Auch die Planung von Sonder- oder Marketingaktionen kann man hier mit einsteuern und damit die Planungspräzision erhöhen. Vielleicht messen Sie Ihren Vertrieb auch daran, wie gut er prognostiziert?

  1. Optimierung von Sortimentstiefe und Sortimentsbreite

Kürzere Produktlebenszyklen in Verbindung mit einer zunehmenden Produktvielfalt erschweren die Planungseffizienz. Hier stellt man in der Praxis immer wieder fest, dass es an Zielen hinsichtlich der Vielfalt fehlt. Häufig genug trifft man ein unzureichendes Variantencontrolling an. Das Komplexitätsmanagement ist sicher ein umfassendes eigenes Thema. Deshalb möchte ich hier nur kurz auf zwei Aspekte eingehen. Meine Tipps lauten:

  • Weniger ist oft mehr. Unternehmen sollten sich im Zuge der Bestandsoptimierung auch dem Thema Produktvielfalt widmen und prüfen, welche Produktpalette sie wirklich benötigen.
  • Zum zweiten lohnt es, die Komplexität im Detail anzuschauen. Beispielsweise hat ein großer Konsumgüterkonzern entschieden, die Etiketten auf seinen Produkten mehrsprachig zu gestalten und nicht für jede Sprache eigene Verpackungen herstellen zu lassen.
  1. Informationstechnische Verzahnung mit den Lieferanten

Über die Integration des Lieferanten in den Produktionsprozess des Unternehmens durch eine enge informationstechnische Verzahnung können die Vorratsbestände im Unternehmen abgebaut und damit Zins- und Lagerkosten reduziert werden. Dies kann beispielsweise durch die Implementierung von Just-in-Time-Konzepten geschehen. Beim Just-in-Time-Konzept erfolgt die Lieferung der benötigten Werkstoffe und Repetierfaktoren synchron zur Produktion des Weiterverarbeiters. Dies erfordert eine enge informationstechnische Verknüpfung zwischen Lieferant und Unternehmen. Mittels standardisierter Bestellvorgänge erreicht man kurze Reaktionszeiten. Die Kommunikation erfolgt in aller Regel reibungsloser ohne bürokratische Hindernisse und organisatorische Umwege.

  1. ABC-Analyse

Um die Lagerbestände zu optimieren, muss ein Unternehmen auch schauen, was seine wichtigsten Vorräte sind. In der Regel verteilt sich die Nachfrage nicht gleichmäßig auf alle Artikel. Geschätzt kann man sagen, dass 80 Prozent des Gesamtverbrauchswerts lediglich auf 20 Prozent des gesamten Lagerbestands basieren. Mit einer ABC-Analyse kann man bei der Überprüfung des Lagerbestands die Ware in Kategorien von A bis C unterteilen. Ziel der ABC-Analyse ist es, die Kostensenkungspotenziale bei beschafften Materialien aufzudecken und geeignete Maßnahmen umzusetzen.
Die XYZ-Analyse stellt eine Erweiterung der ABC-Analyse dar, bei der die Materialien nach ihrem Verbrauchsverlauf bewertet werden.

  1. Stammdatenpflege

Es klingt fast zu einfach, ist aber ein extrem wichtiges Thema im Rahmen des Working Capital Managements: Die Stammdatenpflege. Sie betrifft nicht nur das Bestandsmanagement, sondern auch die Themen Forderungen und Verbindlichkeiten, welche ich in diesem Beitrag und diesem Beitrag bereits beleuchtet habe.

Grundlegend für eine gute Aussagekraft der im Rahmen des Working Capital Managements verwendeten Kennzahlen ist eine hohe Qualität der Stammdaten. Neben den steuerungsrelevanten Kennzahlen sollten in regelmäßigen Abständen Sonderanalysen durchgeführt werden, bei denen beispielsweise die verhandelten mit den systemseitig hinterlegten Zahlungsbedingungen abgeglichen werden. Weiterhin muss sichergestellt sein, dass jeder Debitor nur einmal in den Stammdaten geführt wird oder, dass keine manuelle Anpassung der Belege erfolgt, um beispielsweise durch die manuelle Anpassung des Fälligkeitsdatums die Mahnung eines Kunden zu verhindern.

Zudem muss man im Unternehmensverbund Daten im Zusammenhang sehen können – und deshalb auch erfassen. So hilft mir im Bestandsmanagement eine Transparenz über meine Lagerbestände europaweit. Wenn ich beispielsweise weiß, dass ich in Italien noch Bestände habe, kann ich im Notfall auch darauf zurückgreifen. Was so selbstverständlich klingt, zeigt sich leider im Unternehmensalltag als große Hürde und bedarf deshalb intensiver Aufmerksamkeit.

Viele Unternehmen haben inzwischen die Bedeutung einer guten Stammdatenpflege erkannt und bauen ein zentrales Stammdatenmanagement auf. Ein aus meinen Augen sehr sinnvolles Unterfangen.

Abschließend möchte ich nur einige weitere wichtige Elementen zur Optimierung der Lagerhaltung kurz aufzählen:

  • Optimierung der Durchlaufzeiten
  • Eingehen von Wertschöpfungspartnerschaften
  • Optimierung der Bestellmengen
  • Outsourcing des Lagers beispielsweise durch die Einführung von Konsignationslagern (Lieferant bleibt Eigentümer der Ware bis zum Verbrauch durch den Kunden)
  • Regelmäßige Bestandsanalyse

Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Bestandsmanagement gemacht? Ich freue mich auf Ihre Kommentare oder direkt an mich u.schroeder@c4b-team.de.

 

(Hinweis: Dieser Beitrag wurde in ähnlicher Form bereits 2015 auf dem C4B Blog veröffentlicht).

2 Kommentare
  • Rolf Capelle 29. Oktober 2017 um 15:15

    Die Komplexität des zuvor geschriebenen erhöht sich einigen Branchen aber leider erheblich. Wer z.B. verschreibungspflichte Medikamente vertreibt, und diese teilweise auch noch in einer bestimmten Kühlkette bleiben müssen, potenziert seine Schwierigkeiten erheblich.

  • Denis Glowicki 2. Dezember 2017 um 13:31

    Wer wirklich tief in die Materie einsteigen möchte, dem empfehle ich:
    Timm Gudehus „Dynamische Disposition“.
    Dazu gibt es auch ein Excel-Sheet in dem große Teile des dort Beschriebenen ausprobiert werden kann.

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