Die Corona-Krise ist ein einzigartiger Stresstest, auch für Unternehmen. Unverschuldete Umsatzrückgänge, ob nun durch Störungen in den Lieferketten oder durch signifikanten Nachfrage-Rückgang, führen schnell zu Liquiditätsengpässen. Entscheidend ist jetzt, zahlungs- und handlungsfähig zu bleiben. In einer aktuellen C4B-Stunde mit Teilnehmern der C4B Benchmarking Circles haben wir Tipps zusammengetragen, worauf Finance-Verantwortliche bei der Ermittlung und Sicherung des Liquiditätsbedarfs achten sollten. Unsere grundsätzliche Empfehlung: in der Krise auf die direkte, tagesgenaue Liquiditätssteuerung setzen.
1. Debitorenmanagement fokussieren
Jetzt gilt es, Kunden bzw. Debitoren grundsätzlich stärker zu Monitoren. Achten Sie besonders auf:
- Kundenspezifisches Zahlungsverhalten
- Länderspezifisches Zahlungsverhalten
- Bevor Sie Ware versenden, prüfen Sie, ob der Kunde vielleicht sein Zahlungsziel nicht halten kann – sonst ist nachher die Ware weg und man bekommt kein Geld.
Tipp: Überlegen Sie ggf. ein neues Regelwerk, welche Ware noch versendet wird.
Grundsätzliche Tipps zur Optimierung des Forderungsmanagements haben wir bereits in einem Blogbeitrag zum Working Capital Management zusammengetragen.
2. Kreditorenmanagement prüfen
Die Unternehmen berichten von zunehmenden Schwierigkeiten, alle Lieferketten zu gewährleisten.
- Prüfen Sie, ob Sie kritische Lieferanten aus Italien und anderen stark krisengeschüttelten Ländern haben (Produktionsstopp in Indien).
Denken Sie über Alternativen nach. - In China verbessert sich bei allen die Lage, dennoch führen fünf bis sechs Wochen Produktionsstopp auch zu Verzögerungen in den Lieferketten.
- Die Warenlogistik über Flugverkehr ist durch Einstellung des Personenflugverkehrs immer noch stark eingeschränkt.
- Auf dem Seeweg gibt es auch noch Probleme (z.B. zum Hafen hin in China)
- Wenn die Waren hier in den Häfen ankommt, gilt es abzuwarten, wie es den Logistikern in DE in den kommenden Wochen geht. Viele werden auch finanziell vielleicht Schwierigkeiten haben mit ihrem Fuhrpark etc.
Weil das Kreditorenmanagement immer eine wesentliche Rolle für die Liquidität im Unternehmen spielt, kann man jetzt noch einmal die Prozesse unter die Lupe nehmen:
- Der Ausbau der Kreditorenlaufzeit verschafft Ihnen ggf. Luft. Prüfen Sie also noch mal die Zahlungskonditionen (Überprüfung und Verringerung der Anzahl an Zahlungskonditionen, Analyse der Skontoverluste, Maximierung des Skontoertrages)
- Fehl-/ Doppelüberweisungen prüfen
- Skontoverlustanalysen
- Analyse des Rechnungsprüfungsprozesses (Ablauf und Automatisierung)
- Prüfung und Benchmarking der Zahlungsinstrumente Kreditoren (Importakkreditive, Inkassi, Auslandszahlungsverkehr, Fremdwährungszahlungen etc.)
In einem unserer Blogbeiträge finden Sie Tipps für das Management von Verbindlichkeiten.
3. Kostenbremse ziehen
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, sofort Kosten zu senken:
- Die Finanzverwaltung kommt Unternehmen, die von der Krise betroffen sind, auf Antrag mit:
- zinslosen Steuerstundungen (Umsatz-, Einkommens- und Körperschaftssteuer) und
- der Herabsetzung von Vorauszahlungen (Gewerbe-, Einkommens- und Körperschaftssteuer) entgegen.
- Tipp aus der Unternehmenspraxis: Nicht mit x- verschiedenen örtlichen Finanzämtern diskutieren, sondern zentral mit dem Finanzamt die Stundung der Gewerbesteuer verhandeln, dass den gewerbesteuer-Messbetrag festlegt.
- Denken Sie auch an Stundung von
- Versicherungsbeiträgen
- Sozialversicherungsbeiträgen
- Tipp: Gehen Sie aktiv auf Behörden, Versicherungen etc. zu und diskutieren Sie offen die Möglichkeiten.
- Nutzen Sie die Flexibilisierung durch Kurzarbeitergeld.
Achtung: Die Bearbeitungszeiten sind durch das hohe Aufkommen derzeit lang, Unternehmen berichten von einer deutlichen Verzögerung von Auszahlungen von 2-3 Wochen. - Investitionen ggf. einfrieren, Instandhaltungsprojekte schieben.
Viele der teilnehmenden Unternehmen berichten, dass sie Instandhaltungsmaßnahmen gerade verschieben. Externe dürfen nur noch bei dringenden Reparaturen auf das Gelände.
4. Öffentliche Finanzierungshilfen
- Günstige KfW-Kredite: Die Beantragung eines KfW-Kredites erfolgt nur über die Hausbank, an die Sie sich in diesen Fällen wenden sollten.
Achtung Nadelöhr: Die Risikoprüfung durch die Hausbanken erfolgt nach den Regelungen vor der Krise, d.h. das Tempo ist gedrosselt. Zudem agieren die Banken auch in der Krise vorsichtig und restriktiver. (siehe dazu der nachfolgende Tipp 5. Zur proaktiven Bankenkommunikation). - Leichterer Zugang zu Bürgschaften: Für Unternehmen können über die Hausbanken auch Bürgschaften für Betriebsmittel zur Verfügung gestellt werden. Bis zu einem Betrag von 2,5 Millionen Euro werden die Bürgschaften durch die zuständigen Bürgschaftsbanken direkt, darüber hinaus durch die Länder bzw. deren landeseigene Förderinstitute bearbeitet. Informationen und Kontaktmöglichkeiten finden Sie bei der für Sie zuständigen Bürgschaftsbank, die über ein Internetportal recherchiert werden kann.
- Förderbanken auf Länderebene: Auch Sie bieten zinsgünstige Betriebsmittelfinanzierungen an. Die Einzelheiten hierüber finden Sie bei den jeweiligen Förderinstituten der Länder. Eine Übersicht mit Suchfunktion bietet das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie auf seiner Website.
- Soforthilfen des Bundes und der Länder: Auf der Website des Bundesministerium für Wirtschaft und Energie findet sich eine Übersicht: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Wirtschaft/laender-soforthilfen.html
- Exportkreditgarantien: Für international tätige Unternehmen, bei denen Exportgeschäfte über Hermes-Bürgschaften abgesichert sind, greifen diese teilweise auch bei Schäden, die auf den Corona-Virus zurückzuführen sind. Dies betrifft etwa Schäden als Folge eines Produktionsabbruchs in der Herstellungsphase. Abgesichert ist oft auch der Ausfall von Lieferungen, der als Lieferantenkreditdeckung oder auch Forderungsdeckung bekannt ist. Das bietet etwa Schutz für den Fall, dass ein Auslandskunde eine Forderung nicht bezahlt.
5. Proaktive Bankenkommunikation
Auch für Banken sind gerade herausfordernde Zeiten, sie haben eine Flut von Anträgen zu bearbeiten. Umso wichtiger sind die proaktive Kommunikation zu Ihren Banken und eine gute Gesprächsvorbereitung. Dazu noch ein paar Tipps:
- Holen Sie Ihren Ansprechpartner bei der Bank, falls er Ihr Unternehmen noch nicht so gut kennt, mit ins Boot: Stellen Sie Ihr Produkt/ Angebot kurz vor und erklären Sie, wer Ihre Kunden sind, wo der Kundennutzen liegt.
- Halten Sie fest, was den Markt für Ihr Unternehmen/Ihre Branche derzeit kennzeichnet, welche Entwicklungen Sie erwarten, ggf. welche wichtigen Eigenschaften die Branche aufweist.
- Zeigen Sie auf, welche Ziele Sie kurz- und mittelfristig in dieser Krise verfolgen. Ggf. auch welche Marketinginstrumente Sie dabei nutzen.
- Zeigen Sie die finanzielle Lage auf und erwähnen Sie die wichtigsten Kennzahlen.
Schauen Sie in Ihrem Unternehmen alle Möglichkeiten an. Wägen Sie Vor- und Nachteile der einzelnen Positionen ab. Stellen Sie (grobe) Berechnungen der Auswirkungen an. Bereiten Sie Ihre Maßnahmen gut vor und holen Sie die Betroffenen Parteien mit ins Boot.
Vor allen Dingen, ruhig und überlegt agieren. Hektische Entscheidung sind meistens nicht die Besten.