• 4. September 2017

Schäden durch das Fehlverhalten von Mitarbeitern vermindern Neue Herausforderungen im Compliance-Management!

Schäden durch das Fehlverhalten von Mitarbeitern vermindern Neue Herausforderungen im Compliance-Management!

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Unternehmen und ihre Managementvertreter sehen sich heute bei Compliance-Verstößen wie noch nie zuvor sowohl einer kritischen Presse und Öffentlichkeit als auch einer intensiven Strafverfolgung ausgesetzt. In seinem Gastbeitrag stellt WolfWerner Alebrand die neuen Herausforderungen für das Compliance-Management vor und zeigt anhand zahlreicher Praxisbeispiele die Fallstricke auf. Als selbstständiger Unternehmensberater berät und unterstützt WolfWerner Alebrand Unternehmen bei Fragen des betrieblichen Risikomanagements, und ist als Spezialist für Compliance-Kultur und Datenschutzmanagement tätig. XINGLinkedIn

Compliance-Management ist längst keine Modeerscheinung mehr, sondern bereits fest in den Organisationsstrukturen der großen Unternehmen verankert. Das sollte man zumindest meinen. Die mediale Berichterstattung zeigt ein anderes Bild, aktuellstes Beispiel ist sicherlich der VW-Abgasskandal. Allein in den USA muss VW – nach letztem Stand – 4,3 Milliarden US-Dollar Strafe an die dortige Umweltbehörde zahlen. Dabei nicht eingerechnet sind die Ausgleichszahlungen von mehr als 18 Milliarden US-Dollar an die betroffenen US-Kunden selbst. In der EU und anderen Ländern der Welt drohen VW weitere kostspielige Verfahren und eventuell noch mehr Straf- und Ausgleichszahlungen. Der Schmiergeld- und Korruptionsskandal bei Siemens zwischen 2006 und 2010 hat den Konzern damals schon insgesamt rund 2,5 Milliarden Euro gekostet: für Strafen, Nachsteuern, Honoraren für Anwälte und Wirtschaftsprüfer. Das sind nur zwei von unzähligen Beispielen, die aufzeigen, dass Unternehmen bei Compliance-Verstößen immer drastischeren Strafen und zunehmend gravierenderen indirekten Schadensfolgen ausgesetzt sind. Doch in welchen Bereichen droht am meisten Gefahr? Laut der Studie „Compliance-Barometer 2015“ der CMS/Haufe-Gruppe sehen Compliance-Verantwortliche die größten Compliance-Risiken im Datenschutz, gefolgt von Produkthaftung, Korruption, Arbeitsrecht und Kartellrecht. Geldwäsche, Außenwirtschaft und Wirtschaftsspionage hingegen spielen in der Wahrnehmung der Befragten kaum eine Rolle. Letztere sind jedoch vermutlich in den letzten Jahren weiter vorgerückt.

Ich möchte Ihnen im Folgenden ein paar Beispiele zum praktischen Thema „Geschenke und Bewirtung von Geschäftspartnern“ aus dem unternehmerischen Alltag vorstellen:

1. Beispiel: Einladung zum Geschäftsessen
Nach einer Fachmesse lädt ein Aussteller seine Kunden zum Abendessen ein. Als die zweite Runde Getränke nachgeschenkt wird, lehnt ein Gast entschieden ab, da laut Speisekarte bereits das Menü einen Wert von 27 Euro hat, das Glas Wein 4,50 Euro kostet und daher beides zusammen 31,50 Euro ergibt. Ein weiteres Glas Wein würde den Betrag von 35 Euro überschreiten.

Begründung: Dies ist die festgesetzte Wertgrenze für Einladungen in den Compliance- Richtlinien seines Arbeitgebers.

Ab wann ist ein Geschenk oder eine Einladung zum Essen Bestechung? In diesem Fall stimmt die Bewirtungs-Richtlinie des Arbeitgebers mit der 35-Euro-Freigrenze für die steuerliche Abzugsfähigkeit von Geschenken überein. Allerdings ist dies lediglich ein Finanzargument, besitzt aber nur begrenzte Relevanz für die Compliance-Thematik. Entscheidend ist nicht unbedingt die Höhe der Zuwendung, viel wichtiger ist, in welchem Zusammenhang die Zuwendung erfolgt: Verboten ist laut Gesetz eine Zuwendung, wenn eine Gegenleistung erwartet wird und wenn dieser Zusammenhang hergestellt werden kann.

Im Strafgesetzbuch ist der Begriff der „Korruption“ nicht zu finden. Er ist vielmehr als ein Konglomerat diverser anderer Straftaten zu verstehen beziehungsweise gehen verschiedene Begleitdelikte mit Korruption einher. Dazu gehört der § 299 StGB über Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr: Strafbar macht sich, „wer als Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes im geschäftlichen Verkehr einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er einen anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge“.

2. Beispiel: Geschenke und Bewirtung von öffentlich Bediensteten
Bei einer steuerlichen Betriebsprüfung setzen sich Mitarbeiter der eigenen Finanzabteilung mit dem Betriebsprüfer des zuständigen Finanzamtes zu einer Besprechung zusammen. Was darf angeboten werden? Kaffee, Kekse? Mit dem Firmenlogo versehener Kugelschreiber? Einladung in ein Restaurant oder in die Kantine?

In der Regel sind kleine Verköstigungen wie Kaffee und Kekse an öffentliche Bedienstete (noch) kein Problem. Heutzutage würde der öffentliche Prüfer selbst wahrscheinlich schon den Kugelschreiber ablehnen, obwohl dieser weit weniger als 10 Euro wert ist. Einladungen zum Essen mit Getränken in ein Restaurant könnten schon als Einflussnahme aufgefasst werden.

Begründung: Einladungen an öffentliche Bedienstete sogenannte „Mandatsträger“ beziehungsweise „Amtsträger“ werden sehr viel sensibler behandelt als die von Dritten §§331-334 StGB. Wer dazu zählt, ist nicht immer leicht erkennbar. Im Zweifel sind es alle im Auftrag einer staatlichen Einrichtung tätigen Vertreter, dies können neben den Behördenmitarbeitern selbst auch Mitarbeiter einer privaten Organisation/Firma sein, wenn sie im Auftrag einer staatlichen Behörde handeln bzw. dazu beauftragt wurden.

3. Beispiel: Einladung zum Sport-Event

Im Rahmen einer Ausschreibung wird der Einkäufer meiner Firma privat von einer der Bewerberfirmen kostenfrei zu einem offiziellen Golfturnier eingeladen. Und wie sieht die Situation aus, wenn sich beide in einer langjährigen Geschäftsbeziehung befinden, aber keine aktuelle Ausschreibung stattfände?

In beiden Fällen könnte gerade der private Bezug der Zuwendung als Bestechlichkeit gewertet werden, dies gilt auch für Familienmitglieder. Es muss aber auch nicht so gewertet werden. Es kommt eben darauf an …

Begründung: Die Annahme und Gewährung von Geschenken und vergleichbarer Zuwendungen im Zusammenhang mit einer geschäftlichen Gegenleistung könnte als Bestechung gewertet werden. Beispielsweise wenn der Einladende einen Vorteil bei einer aktuell offenen Ausschreibung beziehungsweise als „Vorschuss“ auf eine gefällige Gegenleistung in der Zukunft dafür erwarten kann. Das kann auch schon bei Ticketgeschenken für ein Fußballspiel so gesehen werden. Ein nachträgliches Dankeschön oder die reine geschäftliche Klimapflege bei nicht-öffentlichen Teilnehmern hingegen fällt nicht darunter. Für behördliche Einkäufer ist allerdings jede Form von Zuwendung – auch zur sog. „Klimapflege“ – bereits verboten. Hier gelten weit rigidere Vorschriften.

Umsetzung Compliance im Unternehmen

Wie verankere ich also das richtige Verhalten nachhaltig in meinem Unternehmen? Grundsätzlich gilt, dass Transparenz das oberste Gebot ist. Das Thema Compliance und damit einhergehende Verhaltensgrundsätze sollten ausführlich auf allen Hierarchieebenen besprochen und dann in entsprechenden Organisationsrichtlinien festgelegt werden. Dies kann zum Beispiel schon im IKS (Internes Kontroll System) oder in einem erweiterten Compliance Management System (CMS) transparent festgelegt, trainiert und umgesetzt werden. Dies gilt natürlich nicht nur für die Korruptionsproblematik bei den hier angeführten Beispielen zu Geschenken und Bewirtungen von Geschäftspartnern, sondern für alle wesentlichen risikobehafteten Unternehmensabläufe, die durch falsches Verhalten zu Schäden für die Marktteilnehmer und damit auch für das Unternehmen selbst führen können (Alle wesentlichen Gesetze im Unternehmensumfeld, Grundrechte, insbesondere Dokumentations- und Umweltvorschriften, Informations- und Urheberrechtsschutz, etc.).

Herausforderung einheitliche Wertgrenzen
Einheitliche Wertgrenzen dürften auch auf unterschiedlichen Hierarchieebenen und bei Unternehmen mit Tochterunternehmen in verschiedenen Ländern mit unterschiedlicher Kaufkraft wenig praktikabel sein. Sie führen häufig dazu, Ungleiches gleich zu behandeln. So sind die oben genannten 35 Euro für Bewirtung und Geschenke in Deutschland ein angemessener und akzeptabler Betrag, können aber in einem Land mit deutlich geringerem Durchschnittseinkommen bereits einen beträchtlichen Wert darstellen und so als Delikt gelten und umgekehrt. Auch ein kleines Geschenk unter 35 Euro, kurz vor einer anstehenden Vertragsunterzeichnung, kann bereits als versuchte Bestechung interpretiert werden.

Wann wird also im Berufsalltag u.A. die Grenze zwischen einer üblichen Geste der Höflichkeit zur Wirtschaftskriminalität überschritten? Und wie kann man als Unternehmen Regelungen erstellen und Wertgrenzen einführen, die gesetzeskonform und dennoch im Unternehmensalltag praktikabel sind? Hierzu möchte ich Ihnen im zweiten Teil meines Gastbeitrags die ISO-Norm „ISO 19600 Compliance vorstellen. Sie ist ein internationaler Leitfaden, der Richtlinien für den Einsatz von CMS enthält. Die Norm kann sowohl in privatwirtschaftlichen Unternehmen als auch in allen anderen Organisationen angewendet werden. Auch kleine und mittelgroße Unternehmen können von der Norm profitieren, da die Empfehlungen skalierbar sind und abhängig von der Unternehmensgröße in unterschiedlich starker Ausprägung angewandt werden können.

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