• 1. April 2019

Risikovermeidung mittels Künstlicher Intelligenz

Risikovermeidung mittels Künstlicher Intelligenz

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Risikobehaftete Entscheidungen sind Teil jeder Geschäftstätigkeit. Angesichts des wachsenden Datenreichtums eines jeden Unternehmens stellt sich mehr denn je die Frage, ob hier im Bezug auf Entscheidungssicherheit nicht eine spürbare Verbesserung auftreten müsste. Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) stellen dabei einen neuen, ergänzenden Ansatz dar, um die Lücke zwischen Datenreichtum, Entscheidungssicherheit und vermiedenem Risiko zu schließen.

Initiativen zur besseren Nutzung von Daten mittels KI befinden sich in Unternehmen aktuell in unterschiedlichen Implementierungsstadien. Bei laufenden Bemühungen sollte hier stets deren Ziel berücksichtigt werden: Die gesammelten Daten sollen letztendlich bessere geschäftliche Entscheidungen ermöglichen, sowohl operativ als auch strategisch. Die sich im Einzelnen ergeben Mehrwerte aus datengetriebenen Entscheidungen lassen sich je nach Entscheidungsbereich wie folgt zusammenfassen:

Bei der Realisierung dieser Mehrwerte müssen Hindernisse in den drei in Abbildung 1 dargestellten Schritten der Datenwertschöpfungskette überwunden werden: Es gilt sicherzustellen, dass Daten korrekt und ausreichend erfasst und den richtigen Mitarbeitern im Unternehmen zur Verfügung gestellt werden. Darauf folgt die Analyse, also das Extrahieren von konkretem Wissen aus den Daten. Dieses Wissen wiederum erlaubt es, Entscheidungen zu treffen und Risiken zu vermeiden.

 

In der Praxis verbringen Mitarbeiter aktuell aufgrund der sich oft erst im Aufbau befindlichen Dateninfrastruktur bis zu 80% ihrer Zeit damit, Daten für spezifische Analysefragen zu identifizieren und für die Analyse vorzubereiten. Das Volumen datengetriebener Entscheidungen, das Entscheidungsträger erreicht, stellt daher nur einen Bruchteil des Volumens einer vollständig integrierten Datenwertschöpfungskette dar. Die eigentlichen Herausforderungen eines datengetriebenen Betriebes an die Entscheidungs- und Managementkultur sind folglich noch nicht bekannt, da dieser letzte Schritt des Prozesses aktuell weit unter seiner Zielkapazität arbeitet.

Während sich die Datenwertschöpfungskette in einem Unternehmen noch etabliert, kann eine zukunftsorientierte Finanzfunktion im Bezug auf den zielführenden Einsatz von KI zur Risikovermeidung bereits jetzt folgende Fragen stellen:

  1. Welche internen Datenquellen stellen ein hohes Risiko dar, wenn zuvor unbekannte Muster oder Anomalien übersehen werden? Welche externen Datenquellen?
  2. Nach welchen Mustern, Anomalien und Risikoindikatoren sollte in den Daten gezielt gesucht werden? Mit welchem KI-gestützten Prozess werden neue Anomalien gegenüber bekannten Mustern identifiziert und priorisiert?
  3. Wer oder welche Rolle erhält Benachrichtigungen darüber, falls neue Anomalien und Risikoindikatoren von der KI automatisch erkannt wurden?

Bei der unternehmensspezifischen Beantwortung insbesondere der dritten Fragen wird schnell klar, dass KI bereits vorhandene Rollen eher ergänzt als ersetzt. Dies verhält sich nicht zuletzt so, weil auch in einer KI-gestützten Verarbeitung von Daten nach wie vor die Notwendigkeit besteht, die identifizierten Risikoindikatoren zu kontextualisieren und zu priorisieren. Wichtiger noch als die Frage, ob die von einer KI erkannten Anomalien treffsicherer sind als die Ergebnisse eines Teams menschlicher Analysten, ist die Frage, wie sich Entscheidungsprozesse ändern, wenn sich Anomalien und Risikoindikatoren innerhalb wenigen Minuten vollautomatisch ohne zusätzliche Kosten erkennen lassen.

Im Hinblick auf die drei Schritte in datengetriebenen Entscheidungsprozessen entlang der Wertschöpfungskette wird sich durch KI-gestützte Automatisierung der Engpass vom Analyseschritt zum Entscheidungsschritt verlagern. Entscheider werden also in der verfügbaren Zeit mehr Entscheidungen treffen müssen. Während beispielsweise angesichts aktueller Analyse- und Planungsprozesse einmal pro Jahr strategisch geplant und gesteuert wird, stehen zukünftig aktuelle Risikoindikatoren und entsprechende Steuernotwendigkeiten unterjährig zur Verfügung. Daraus ergeben sich neue Anforderungen an die Agilität eines Unternehmens.

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Zum Autor:

Dr. Georg Wittenburg ist Geschäftsführer der Inspirient GmbH. Inspirient automatisiert mit Methoden aus der Künstlichen Intelligenz datengetriebene Unternehmensprozesse mit einem besonderen Schwerpunkt auf effizienter Datenanalytik und pragmatischer Entscheidungsunterstützung bzw. -automatisierung.

Der in diesem Text zusammengefasste Gedankengang wird im Artikel „Wissen ist Macht“ in der Ausgabe 1/2019 der Fachzeitschrift Rethinking Finance weiter ausgeführt.