• 25. Februar 2019

„Ich kann nur einfach“ – ein Interview mit Werner Brinkkötter

„Ich kann nur einfach“ – ein Interview mit Werner Brinkkötter

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Eigentlich wollte er ja Rennfahrer werden. Als Head of Accounting bei der August Storck KG ist Werner Brinkkötter nun scheinbar weit entfernt von diesem Berufswunsch aus Kindertagen.Wer den umtriebigen Manager kennenlernt, bemerkt jedoch schnell, dass die berufliche Laufbahn des Finance-Managers durchaus einige Gemeinsamkeiten mit dem Rennsport aufweist.

Stehenbleiben kam für Werner Brinkkötter nie in Frage. Wenn er im Mai 2019 in den Ruhestand geht, blickt er auf 38 Jahre bei der August Storck KG, einem der zehn größten Süßwarenhersteller der Welt, zurück. Es waren bewegte Jahre. In seiner Funktion als Head of Accounting steuert Brinkkötter heute die zentral organisierte Buchhaltung des Unternehmens mit seinen über 30 weltweit tätigen Tochtergesellschaften. 38 Jahre, in denen der gebürtige Niedersachse viel bewegt hat und den Finance-Bereich des Unternehmens erfolgreich ins digitale Zeitalter führte.

„Mach das, woran Du Spaß hast“
Dabei waren Finanzen nicht einmal seine erste Liebe, es dauerte noch ein wenig, bis er die Leidenschaft dafür entdeckte. Seine Ausbildung absolviert Werner Brinkkötter beim Verbrauchsgüter-Konzern Unilever und arbeitet dort zehn Jahre im Vertrieb. Nach einer weiteren Station, diesmal in der Vertriebsplanung und -steuerung für ein Unternehmen der Fleischwarenindustrie, fängt Brinkkötter 1981 schließlich bei der August Storck KG in Halle in Westfalen an. Das Unternehmen, das bis heute in Familienbesitz ist, startete 1903 als Bonbonfabrikant. Mittlerweile gehört Storck zu den zehn größten Süßwarenherstellern der Welt – mit bekannten Marken wie Toffifee, Merci, Werthers oder Nimm2. Über 100 Länder weltweit werden mit den Marken und Produkten beliefert, mehr als 6.000 Mitarbeiter arbeiten für das Unternehmen. Getragen wird Werner Brinkkötter von einem, wie er selbst sagt, einfachen Motto: „Mach das, woran Du Spaß hast. Du musst Spaß an der Aufgabe haben, der Rest kommt dann von allein.“ Dass das funktioniert, zeigt sein beruflicher Werdegang.

Steckenpferd Digitalisierung
Brinkkötter beginnt zunächst im Controlling von Storck, zehn Jahre lang ist er mit Kalkulationsaufgaben befasst. Anfang der 90er Jahre wechselt der heute 65-Jährige in den Bereich Finanzen und Buchhaltung. Er macht noch einen Abschluss zum Bilanzbuchhalter, vom Vice-Head wurde er zum Head of Accounting beim dem weltweit tätigen Zucker- und Süßwarenspezialisten. Stillstand scheint ein Fremdwort für Werner Brinkkötter zu sein. Er hat Visionen für das Unternehmen – und treibt diese energisch voran. „Den Weg in die Digitalisierung zu gehen, das war mein Steckenpferd“, sagt Brinkkötter. „Es begann damit, erst einmal das Papier abzuschaffen, Belege einzuscannen und digital aufzubewahren.“ Als die Technik Ende der 90iger Jahre soweit ist, beginnt der Manager in engem Zusammenschluss mit der IT des Unternehmens damit, die Tochtergesellschaften anzubinden. „Die Zentralisierung der Buchhaltung und des Treasury macht aber nur Sinn, wenn man sie auch in Prozessen begleitet. Deshalb habe ich die Geschäftsprozessoptimierung unter den Aspekten Digitalisierung und Compliance dann beim Invoicing, beim Banking, beim Creditmanagement und allen weiteren Facetten immer weiter nach vorne getrieben.“ Mit umfassenden Maßnahmen zur Integration und Automatisierung führt der Manager Storck in das digitale Zeitalter und stößt einen tiefgreifenden Wandel des Finanzbereichs bei dem Süßwarenhersteller an. Ob in Europa, Asien, Nordamerika oder Australien: Die Buchhaltung der Storck-Gesellschaften weltweit ist heute zentralisiert, es gibt kein Accounting in den Tochtergesellschaften mehr. Der Zahlungsverkehr des Unternehmens ist voll automatisiert und ebenfalls zentralisiert, und auch die Cashflow- und Finanzplanung hat Brinkkötter neu aufgestellt. Das Unternehmen profitiert heute von einer Transparenz sämtlicher Zahlungen, einem erheblichen und, wie Brinkkötter sagt, notwendigen Effizienzgewinn und einem deutlich reduzierten Risiko.

„Es hat gemenschelt“
Dieser Prozess, der Weg in die Digitalisierung, stieß nicht in allen Unternehmensbereichen sofort auf positive Zustimmung, drückt der Manager vorsichtig aus. „Es hat gewaltig gemenschelt“, erinnert sich Brinkkötter. „Das ist ein Kulturwandel, man muss auch auf die kulturellen Gegebenheiten in den einzelnen Ländern Rücksicht nehmen.“ Es sei einiges an Überzeugungsarbeit notwendig gewesen. „Die überzeugenden Argumente waren letztlich die positiven Ertragsmomente und die Sicherheit.“ So konnten beispielsweise sechsstellige Bankgebühren auf vierstellige Summen reduziert werden. Geholfen hat in diesen Zeiten sicherlich, dass Werner Brinkkötter so gar nicht dem Klischee vom trockenen, eher schweigsamen Zahlenmenschen entspricht. Im Gespräch merkt man ihm an, dass er das gut kann – mit Menschen sprechen, überzeugen, ein Team motivieren. Er bleibt dabei ganz bescheiden. „Ich kann nur einfach“ sagt er. Das mag man kaum glauben, wenn man hört, welche Anstrengungen er unternommen hat, um Storck ins digitale Zeitalter zu führen. In der Finance-Welt hat er damit ein beachtliches Renommee erworben, 2017 wurde er sogar zum Treasurer des Jahres nominiert.

Geschäftsprozessoptimierung ist eine Leidenschaft
Das Thema Geschäftsprozessgestaltung ist eine besondere Leidenschaft von Werner Brinkkötter. „Man muss mit der Zeit gehen, darf sich Neuerungen nicht verschließen – und muss dann einfach Stück für Stück, Schritt für Schritt vorangehen“, beschreibt Brinkkötter seine Learnings aus der Zeit bei Storck. Unternehmen kommen heute ohne Prozessbeschreibungen nicht mehr aus. „Eine Prozessbeschreibung, eine Prozessdokumentation ist heute unverzichtbar, denn die Prozesse werden immer komplexer. Ob produziert wird, ob Maschinen gekauft werden, ob Ware das Lager verlässt, ob es die Mitarbeiter sind, die ihren Lohn bekommen – es gibt kaum einen Prozess im Unternehmen, in dem nicht die Buchhaltung die Finger im Spiel hat.“ In Zeiten der Digitalisierung müsse auch die Buchhaltung automatisiert und digitalisiert werden. Nicht zuletzt, weil auch durch die gesetzlichen Anforderungen Verfahrensdokumentationen vorgelegt werden müssen. „Ohne wirtschaftliche, sichere und effiziente Prozesse wird es auch in kleineren Unternehmen dauerhaft nicht funktionieren“, ist sich Brinkkötter sicher. Als Experte ist Werner Brinkkötter an der Entwicklung des C4B Manuals, einer Arbeitshilfe für eine schematische Prozessdokumentation beteiligt. Sie ermöglicht Unternehmen, Ihre IST-Prozesse mit den vorgelegten Musterprozessen zu vergleichen und einfach auf die Situation im Unternehmen zu übertragen. „Diese Vorlage hätte uns damals sehr geholfen, denn mit dem Manual kann man sich hohe Beratungshonorare sparen und stattdessen das Wissen der eigenen Mitarbeiter, Dienstleister und die Programmabläufe der eingesetzten Software selbst zusammentragen.“

Es deutet sich schon an, sein Ruhestand wird nicht wirklich ein Ruhestand. „Na ja, Rasen mähen wird mich sicher nicht ausfüllen.“ Allein als zweifacher Opa wird er schon gefordert, doch das Finance-Thema treibt ihn weiterhin um und sein Terminkalender ist schon jetzt prall gefüllt. Er ist als Experte an der Entwicklung der C4B Manuals beteiligt, zudem seit über 25 Jahren ehrenamtlicher Vorsitzender des Prüfungsausschusses für Industriekaufleute in Halle/Gütersloh. Und er wird für zahlreiche Vorträge gebucht. Auch da ist sein Anspruch kein geringer. „Ich möchte immer so gut sein, dass ich das Buffet schlage.“ Wer einmal mit Werner Brinkkötter gesprochen hat weiß: Das gelingt ihm sicher.