Erster Teil des Gastbeitrags von Doris Dreyer
Sie ist von Berufs wegen zahlreichen Themen aus Finanzbuchhaltung und Controlling auf der Spur: Doris Dreyer, Geschäftsführerin der FibuNet GmbH, eines auf Lösungen für Finanzbuchhaltung und Controlling spezialisierten Softwareunternehmens aus Kaltenkirchen. Doris Dreyer widmet sich in Ihrem zweiteiligen Gastbeitrag den GoBD, den – mittlerweile nicht mehr ganz so neuen – Grundsätzen der Finanzverwaltung zur elektronischen Buchführung und Datenarchivierung.
Die GoBD, die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“, gelten seit dem 1. Januar 2015. Die GoBD beschreiben, welche Anforderungen die Finanzverwaltung an Buchführung und steuerrelevante Aufzeichnungen in Firmen stellt, wenn diese mit Hilfe von IT erzeugt wurden. Heute, genau ein Jahr später, sollte man davon ausgehen, dass Unternehmen diese Grundsätze, wenn nicht vollständig umgesetzt, dann doch zumindest in Angriff genommen haben. Denn von Vorgaben des Finanzministeriums, die sich in den GoBD niederschlagen, sind wirklich sämtliche Unternehmen und Selbstständige betroffen. Das scheint in der Praxis aber noch nicht angekommen zu sein, weder bei den Unternehmern selbst noch bei ihren Dienstleistern, wie beispielsweise den Softwaredienstleistern oder auch Steuerberatern, das erlebe ich so gut wie täglich. Vielmehr halten sich hartnäckig zahlreiche Märchen, die für Unternehmen und Selbständige zum Fallstrick werden. Im Extremfall kann es bei Verstößen zur vollständigen Verwerfung der Buchführung und anschließenden Vollschätzung kommen. Ein guter Grund, um mit ein paar dieser Märchen aufzuräumen und die GoBD-Grundsätze noch einmal unter die Lupe zu nehmen.
1. Märchen: Nur bilanzierungspflichtige Unternehmen sind betroffen
Betroffen von den GoBD sind nicht nur bilanzierungspflichtige Unternehmen, sondern alle Steuerpflichtigen mit Gewinneinkünften, also alle Buchführungs- beziehungsweise Aufzeichnungspflichtigen, soweit diese ihre unternehmerischen Prozesse IT-gestützt abbilden und ihren Buchführungs- und Aufbewahrungspflichten in elektronischer Form nachkommen. Damit sind auch sogenannte Einnahmenüberschuss-Rechner, wie etwa Kleinstunternehmen und die meisten Freiberufler, also zum Beispiel Ärzte, Architekten, Fotografen oder auch Journalisten betroffen. In Konsequenz müssen alle ihre Verfahrensdokumentation überprüfen. Und viele Unternehmen und Selbstständige müssen Anpassungen in ihren kaufmännischen Prozessen vornehmen.
2. Märchen: Das ist ein reines Buchhaltungsthema
Das ist falsch. Betroffen sind nicht nur das Finanzbuchführungssystem, sondern beispielsweise auch die Anlagen- und Lohnbuchhaltung, Warenwirtschafts- und Zahlungsverkehrssysteme. Denn immer wenn in einem der genannten Systeme Belege anfallen, die einzeln oder in Summe Niederschlag in der Buchführung finden, ist davon auszugehen, dass eine Aufbewahrungspflicht besteht und muss deshalb GoBD-konform handeln. Deshalb müssen diese Systeme bei der Überprüfung des unternehmensinternen Handlungsbedarfs unbedingt mit einbezogen werden.
3. Märchen: Die Umsetzung hat noch Zeit
Die GoBD gelten seit dem 1. Januar 2015, die Bestimmungen sind bereits auf Veranlagungszeiträume, die nach dem 31.12.2014 beginnen, anzuwenden. Eine Übergangsfrist ist nicht vorgesehen.
4. Märchen: „Das ging bisher auch gut“
Das Ranking der am häufigsten gehörten Aussage zu den GoBD führt an: „Bisher ging das doch auch gut, wir hatten keine Probleme in der Betriebsprüfung.“ Bei den GoBD von der bisherigen Prüfungspraxis auf die Zukunft zu schließen, halte ich für außerordentlich gefährlich. Machen Sie sich bewusst, dass der Fiskus elektronisch aufgerüstet hat und die GoBD im Gesamtkontext der Entwicklung hin zu einer elektronischen Verwaltung (E-Government) zu betrachten sind. Mittlerweile hat das Finanzamt, von der Elster-Umsatzsteuer-Voranmeldung über den GDPdU-Export bis hin zur E-Bilanz, alle Daten in elektronischer Form vorliegen. Das ermöglicht eine ganz andere Art der Betriebsprüfung, alle Geschäftsvorfälle können automatisiert geprüft werden, Plausibilitätsprüfungen und Zeitreihenvergleiche sind möglich, das Instrument der sogenannten „Kontrollmeldung“ macht den Abgleich mit Ihren Geschäftspartnern.
Bisher kennen wir die retrograde oder progressive Prüfung: vom Beleg in die Bilanzposition und umgekehrt, also wie wurde gebucht. Künftig können Sie davon ausgehen, dass Vorgangsprüfungen vorgenommen werden. Der Betriebsprüfer möchte alle Unterlagen, z.B. zu einem Einkauf oder Verkauf sehen: Anfrage, Angebot, Bestellung, Lieferschein, Rechnung, Zahlung, zugehöriger Schriftverkehrt etc.. Die elektronische Prüfung ermöglicht zudem verschiedene Suchvorgänge:
- Sortiervorgänge:
Daten können leicht nach bestimmten Kriterien sortiert und geprüft werden (z. B. Sortierung nach Umsatzsteuerschlüssel, Betrag, Inland, Ausland, Geschäftsfreundegruppen, Umsätze einzelner Kassen). - Filtervorgänge
Filtern nach Betrag, Datum, Zahlungen außerhalb einer bestimmten Periode, etc. - Zeitreihenvergleich
Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben in bestimmten Zeitperioden (Tag, Woche, Monat, Jahr). - Doubletten
Auffinden von mehrfach gebuchten Vorgängen. - Lückenanalyse
Auffinden fehlender Nummern in bestimmten Abrechnungskreisen.
Dabei kann sich die Betriebsprüfung stets auch an Branchenbesonderheiten orientieren. Deshalb kann man aus der Praxis der Betriebsprüfungen in der Vergangenheit nicht mehr auf die Zukunft zu schließen – und auch nicht vertrauen, sondern sollte den GoBD seine ganze Aufmerksamkeit widmen.
Was also ist zu tun, was muss man beachten? Damit befasse ich mich im zweiten Teil meines Gastbeitrags.