Die Anlagenbuchhaltung bietet einen wertvollen Stammdatenschatz und verdient – nicht nur deshalb – mehr Aufmerksamkeit, sagt Denis Glowicki, CFO bei der Wicke GmbH + Co. KG. Im zweiten Teil seines Gastbeitrags [Teil 1 können Sie hier nachlesen] erläutert er, wie sich dieser Schatz heben lässt.
Wertvollen Stammdatenschatz heben
Das Management sollte sich bewusst machen, dass die Anlagenbuchhaltung die einzige vollständige Datenbasis für einen Großteil des Unternehmensvermögens ist, die, wie nachfolgend geschildert, Einfluss auf Unternehmenskennzahlen und -risiken haben kann. Dazu einige Beispiele:
- Wiederbeschaffungswerte regelmäßig prüfen
Grundlage für Sachversicherungen sind meist Auswertungen der Anlagenklassen. Fehler wirken sich somit direkt auf Versicherungskosten oder bei Unterversicherung auf das Unternehmensrisiko aus. Pflegen und überprüfen Sie deshalb regelmäßig Wiederbeschaffungswerte, was gerade bei voraussichtlich langer Nutzungsdauer interessant ist. Dies kann z.B. relativ einfach pauschal mit der allgemeinen Inflationsrate erfolgen. Die meisten Anlagenbuchhaltungen bieten diese Möglichkeit. - Raus aus der Mottenkiste
Nicht mehr genutzte Anlagengegenstände, die, statt verkauft zu werden, eingemottet in einem Lager stehen, beeinflussen den Cashflow negativ und ggf. durch weitere Abschreibung das Unternehmensergebnis. Auch für Versicherungsbeiträge und im Versicherungsfall stellen falsch bewertete Anlagen schnell ein Risiko dar, denn eine Unterversicherung bedeutet im Schadensfall, dass die Versicherung den Schaden nur anteilig erstattet – und zwar im Verhältnis der Versicherungssumme zum tatsächlichen Wert. Ebenso müssen Wartungs-/Lizenz- sowie Versicherungsverträge in Folge eines Anlagenabgangs ggf. gekündigt werden. Diese Verträge sollten deshalb mit dem Anlagenstamm verknüpft sein, sonst entstehen unnötige Kosten. Dies erfordert einen Informationsfluss und Workflow, der zentral über die Anlagenbuchhaltung gesteuert werden kann. - Check Leasing- und Mietverträge
Bei Leasing- und Mietverträgen sind immer mehr Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Eigentum an Anlagengegenständen zu klären. Ob es Sinn macht, dieses Vertragsmanagement in die Anlagenbuchhaltung zu integrieren, um eine Gesamtschau aller genutzten Assets zu erhalten, muss jedes Unternehmen für sich selbst entscheiden. - Kostenverursachung durch Anlagevermögen
Aus Sicht der Kostenverursachung ist das Anlagevermögen ebenfalls interessant. Es fallen mit Abschreibung, Zinsen und Versicherungen zwar nur fixe Kosten an, aber eine Verbindung mit anderen betriebsinternen Daten kann wichtige Erkenntnisse liefern. Das Verhältnis von Reparaturkosten zu Anschaffungswert liefert beispielsweise Aussagen zur Kosteneffizienz und Anhaltspunkte für eventuell angebrachte Ersatzbeschaffungen. - Dokumentation der Nutzungsänderungen
Ebenfalls müssen Nutzungsänderungen kommuniziert und dokumentiert werden. Dies führt ggf. zu einer Veränderung der Abschreibungsdauer und ist damit relevant für das Ergebnis. Ein Beispiel hierfür ist eine Änderung der Beanspruchung durch Schichtbetrieb.
Wie man Karteileichen vermeidet
Das Anlagevermögen sollte zunächst eine ordentliche Struktur erhalten. Eine reine Zuordnung zu Kostenstellen reicht meist nicht aus, um dauerhaft den Überblick zu behalten. Die meisten Buchhaltungssysteme bieten die Möglichkeit, weitere Kategorien/Klassifizierungen und Untergruppen einzurichten. So lassen sich beispielsweise Haupt- und Unteranlagennummern einrichten. Damit können Zubehörteile und Erweiterungen der Hauptanlage zugeordnet werden. Bei einer späteren Verwertung geht somit nicht nur die Hauptanlage ab, sondern für die zugeordneten Anlagegüter ist ebenfalls entweder ein Anlagenabgang oder eine weitere Nutzung zu klären. Damit verhindert man sogenannte Karteileichen. Warum ist das wichtig? Die bilanzielle Abschreibung läuft weiter, bzw. auch bei bereits voll abgeschriebenen Gütern laufen die kalkulatorische Abschreibung und die kalkulatorischen Zinsen weiter. Diese beiden kalkulatorischen Kostenpositionen werden üblicherweise für die Berechnung von Stunden- bzw. Zuschlagssätzen oder Prozesskosten verwendet und wirken sich damit weiterhin auf die interne Kostenstruktur und Kalkulationsbasis aus.
Anlageninventur vornehmen
Wer nicht sicher ist, ob nicht mehr vorhandene oder genutzte Anlagen im Anlagenverzeichnis stehen oder wer die Struktur seines Anlagevermögens verbessern möchte, sollte eine Anlageninventur durchführen. Entgegen den Regelungen für das Vorratsvermögen gibt es hierfür keine vorgegebenen Fristen. Es liegt in der Hand des Unternehmers und hängt von der Ausprägung des internen Kontrollsystems ab, wann und ob dies notwendig erscheint. Gerade in schwierigen Zeiten des Unternehmens kann dies aber wichtig für die Haftung der Geschäftsführung sein. Bei der Prüfung einer bilanziellen Überschuldung muss zum Beispiel das Anlagevermögen mit dem Zeitwert bewertet werden. Tauchen dort nicht mehr vorhandene Anlagen auf, kann dies unangenehme Folgen haben.
Aus kostentechnischen Gesichtspunkten (Versicherungswerte-Prämien/Über-Unterdeckung) empfiehlt es sich, regelmäßig eine Inventur durchzuführen. Eine Verpflichtung, das langfristige Inventar jährlich aufzunehmen, besteht nicht. Wie oft eine Bestandaufnahme vorzunehmen ist, hängt auch davon ab, wie gut das interne Informations- und Kontrollsystem funktioniert, so dass von einem korrekten Bestand ausgegangen werden kann.
Dagegen gibt es wenig Spielraum bei der Bewertung eines Assets, dazu zählen die aktivierten Firmenwerte, Beteiligungen und Wertpapiere des AV. Soweit bei Finanzanlagen kein Marktpreis existiert und bei Firmenwerten ohnehin, sind eventuell Datenanalysen und Berechnungen erforderlich. Um nicht am Jahresende von ergebniswirksamen Wertkorrekturen überrascht zu werden, empfiehlt es sich, diese Bilanzpositionen auch unterjährig besonders zu beobachten und im periodischen Reporting mögliche Wertveränderungen zu integrieren.
Prozessdokumentation leicht gemacht!
Bei der Anlagenbuchhaltung alle relevanten Aspekte im Auge behalten und gleichzeitig der Dokumentationspflicht gerecht werden? Das gelingt mithilfe der C4B- Prozessbeschreibung Anlagevermögen aus den C4B Manuals.
In Teil 1 seines Gastbeitrags erläutert Denis Glowicki, warum die Anlagenbuchhaltung mehr Aufmerksamkeit verdient.
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Fotos: Denis Glowicki, Pexels
Über den Autor
Denis Glowicki ist Leiter Finanzen der Wicke GmbH + Co. KG, einem der weltweit führenden Hersteller industrieller Räder, Reifen, Lenk- und Bockrollen für Transportgeräte und andere Anwendungsbereiche. Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz in Sprockhövel/ Nordrhein-Westfalen und beschäftigt weltweit etwa 1.000 Mitarbeiter:innen. Glowicki, von Haus aus Steuerberater, ist seit mehr als zehn Jahren im Unternehmen und seit 2019 Mitglied der Geschäftsleitung.
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