Gastbeitrag von Thorsten Ohm
Plant man den Markteintritt bei einer neuen, unsicheren Marktsituation, so ist es ratsam, die Risiken klar zu benennen und flexible Reaktionsmöglichkeiten im Zugriff zu haben – anstatt starr mit allen verfügbaren Ressourcen auf einen einzigen Zielpunkt hinzuarbeiten. Weg oder Ziel könnten unrealistisch sein, aber es kann immer noch eine gute Alternative geben, die am Ende den Erfolg bringt. In seinem Gastbeitrag beleuchtet Thorsten Ohm, Berater und Interimsmanager, Waypoint Ventures Pte. Ltd., Unsicherheiten im Planungsprozess und wie Unternehmen damit umgehen können.
Bei der operativen Planung von Wachstumsinitiativen greifen Planungsmethoden oft zu kurz, da wesentliche Erfahrungswerte für eine Projektion fehlen. Die klassischen Planungsmethoden sind darauf ausgerichtet, eine Geschäftsentwicklung im bekannten Umfeld mit Hilfe von historischen und neuen Informationen fortzuschreiben. In einem neuen Marktumfeld fehlen aber diese Erfahrungen häufig. Damit ist es unklar, ob die verfügbaren Informationen plausibel, umfassend und relevant sind. Das Risiko von Fehleinschätzungen ist hoch. Insbesondere, wenn versucht wird, aus Erfahrungen in anderen Bereichen zu generalisieren und sie auf eine neue Situation zu übertragen. So fällt es beispielsweise schwer, realistische Annahmen für die Supply Chain Kosten in Indonesien zu treffen, es ist nur sicher, dass Produktivitätswerte aus anderen Ländern nicht übertragbar sind.
Im Zweifelsfall besser plausibel als exakt
Um sicher zu stellen, dass alle relevanten Fakten für einen Markteintritt in Erwägung gezogen werden, kann es zur Orientierung bei großen Unsicherheiten sinnvoll sein, ein vereinfachendes Plausibilitätsmodell zu erstellen. Dieses blendet dann bewusst Details aus, kann auch nicht den Anspruch haben, exakt zu sein, aber es spiegelt wesentliche Erfahrungswerte wider. Wie in der Statistik kann man über eine größere Einheit manchmal zutreffendere Aussagen machen, als über seine Details. Es ist ein in sich schlüssiges und konsistentes Model, dass noch intuitiv nachvollziehbar ist und die relevantesten Aspekte berücksichtigt. Das Plausibilitätsmodell bietet Referenzpunkte für detailliertere Projektionen, um sicherzustellen, dass Abweichungen in den Detailannahmen sich nicht systematisch addieren und unplausible Zielwerte ergeben.
Um bei dem Supply Chain Beispiel zu bleiben: Ein Plausibilitätsmodell enthält Eckpunkte, die durch Marktrecherchen ermittelt wurden, aber nicht systematisch zusammenhängend sind und nicht in die Tiefe gehen, z.B. Cost-per-Drop, Drops-per-Tour, Typical Utilization etc.. Diese Annahmen werden in ein konsistentes Model gegossen, ohne z.B. einen exakten Head Count, Dieselkosten, Dollar-Kurs etc.. Dieses Model hat Lücken, bildet aber die Erfahrungswerte aus dem Markt in Näherung ab. Wird zu einem späteren Zeitpunkt ein detaillierter Plan im unternehmensüblichen Detailgrad und Format erstellt, sollte die Planungsrechnung in den Eckpunkten mit dem Plausibilitätsmodell übereinstimmen oder Differenzen übergeleitet werden können. So gewinnt man Sicherheit, dass die detaillierte Planung plausibel ist.
Über den Gastautor
Nach der Promotion in Physik war Thorsten Ohm bei McKinsey & Co, Tchibo, maxingvest ag sowie der Metro AG tätig. Seine Schwerpunkte sind die internationale Expansion, Wachstumsstrategien und die Leitung von Finanzbereichen. Er hatte diverse Funktionen im Business Development, als Finance Director auf Landes- und Regionalebene sowie als Managing Director inne und war in Europa, Nordamerika und Asien aktiv. 2015 hat Ohm sich als Berater und Interimsmanager mit der Waypoint Ventures Pte. Ltd. in Singapur selbständig gemacht und lebt heute in Hamburg. Waypoint Ventures hilft Unternehmen ihren Wachstumspfad fortzuführen und in Asien erfolgreich zu sein.
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Im zweiten Teil seines Beitrags geht Thorsten Ohm auf mögliche Risiken und Arten von Unsicherheiten ein, die in der Planung berücksichtigt werden müssen.
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