• 21. Juni 2022

Beschleunigung der Planungs- und Szenarienrechnung dank treiberbasierter Planung – ein Gastbeitrag von Florian Schulte

Beschleunigung der Planungs- und Szenarienrechnung dank treiberbasierter Planung – ein Gastbeitrag von Florian Schulte

Beschleunigung der Planungs- und Szenarienrechnung dank treiberbasierter Planung – ein Gastbeitrag von Florian Schulte 1024 535 C4B

Alljährlich im Herbst beginnt das Ritual der Planung – bei einigen Unternehmen auch schon früher. Dabei geht es darum, die Parameter für die Planungs- und Szenarienrechnung für das kommende Jahr festzulegen. Häufig erfolgt vorab eine Überarbeitung der Lang- und Mittelfristplanung, die in vielen Fällen rollierend aufgebaut ist. Doch nicht nur die erheblichen Auswirkungen der Corona-Pandemie stellen die bisherigen Wirtschafts- und Mittelfristplanungen ad absurdum. Warum die treiberbasierte Planung ein geeignetes Controlling-Instrument sein kann, um schnell und flexibel auf wechselnde Auswirkungen reagieren zu können, erläutert unser Gastautor Florian Schulte in seinem Beitrag anhand eines Praxisbeispiels.

Mit dem Ausbruch des Corona-Virus Ende 2019 und der anschließenden weltweiten Verbreitung wurden nahezu alle Wirtschaftszweige in ihrem Kern beeinflusst. Lockdowns und hohe Krankenquoten sorgten für Produktionsengpässe und teilweise oder ganz stillgelegte Industriezweige. Auch die kommunalen Unternehmen, insbesondere Stadtwerke, wurden in ihren verschiedenen Geschäftsfeldern der Daseinsvorsorge erheblich beeinflusst. So sind durch Lockdown, Homeschooling und Homeoffice nahezu keine Fahrgäste mehr im ÖPNV zu verzeichnen gewesen. Die Freizeiteinrichtungen, insbesondere die Bäderbetriebe, mussten geschlossen werden oder durften nur eine geringe Anzahl an Besucher zulassen. Auch im Energiebereich hatten die verschiedenen Facetten der Corona-Pandemie deutliche Auswirkungen. So sorgten die teilweise oder ganz stillgelegten Industriezweige für erheblich geringere Energieverbräuche im Industriebereich. Gleichzeitig stieg beispielsweise der Energieverbrauch der Privathaushalte durch die verstärkte Tätigkeit im Homeoffice.

 

Schnelle und flexible Planung statt starrer Pläne

Weltweit führten diese erheblichen Auswirkungen der Corona-Pandemie die bisherigen Wirtschafts- und Mittelfristplanungen ad absurdum. Wichtig war es nun, mit geeigneten Controlling-Instrumenten schnell und flexibel auf diese Auswirkungen reagieren und neue Szenarien aufstellen zu können. Dies stand im Konflikt mit den bei kommunalen Unternehmen oft noch bestehenden detaillierten Planungen auf Kostenstellen- und Kostenarten-Ebene über den gesamten Planungszeitraum, beispielsweise über fünf Jahre. Diese recht starren und zeitintensiv aufgestellten Pläne werden in der Regel Bottom-Up entwickelt und bieten durch ihre Komplexität oft wenig Möglichkeiten der schnellen Anpassung und Szenarienberechnung. Eben dies war jedoch notwendig, um auf die Corona-Pandemie geeignet zu reagieren. Es galt, zügig neue Prognosen für das laufende Jahr erstellen zu können und auch die Auswirkungen auf die zukünftigen Geschäftsjahre ableiten zu können.

 

Fokussierung auf wenige Treiber

Somit steht fest: die bisherigen, starren Planungsinstrumente müssen grundlegend verändert und deutlich verschlankt werden. Ein geeignetes und bereits vielfach etabliertes Modell ist das der treiberbasierten Planung. Kernelement ist dabei die Beschreibung der Geschäftsfelder anhand der wesentlichen Treiber. Es geht also darum, die eigenen Geschäftsmodelle anhand weniger Treiber erklärbar machen. Hierzu beginnt man bei der zentralen Zielgröße, in der Regel Ergebnisgröße, und spannt dahinter einen sogenannten Treiberbaum auf. Die strategische Planung bzw. Ergebnis- und Zieldiskussion im Unternehmen ist hierbei ein geeigneter Prozess, bei dem mit dem Wechsel auf eine treiberbasierte Planung begonnen werden kann, da dieser Prozess idealerweise der operativen Planung vorangestellt ist und Sie die operative Planung im ersten Schritt noch nicht mit anpassen brauchen.

 

Beschleunigung des Planungsprozesses

Mit unserer Umsetzung einer treiberbasierten Ergebnis- und Zielherleitung in der strategischen Planung haben wir es erreicht, dass wir mit unseren verschiedenen Stakeholdern, dazu gehörten unter anderem Geschäftsführung und Management, anhand unserer wesentlichen Treiber über unsere Geschäftsfelder diskutieren konnten. Die Fokussierung auf wesentliche Treiber ermöglichte uns eine schnelle Szenarienberechnung und erzeugt gleichzeitig ein gleiches Verständnis für die Geschäftsmodelle bei allen Beteiligten. Ein wesentlicher Vorteil ist die deutliche Beschleunigung des Planungsprozesses und die Reduzierung der Beteiligten und Abstimmungszyklen. Intern lassen sich auf Basis dieser Treiber im Anschluss sehr gut Ziele für die einzelnen Organisationseinheiten herunterbrechen und mit dem Treiberbaum verknüpfen. Dies ist dann in eine operative Planung – idealerweise auch auf Treiberbasis – zu überführen.

 

Welche Treiber bestimmen die Umsatzerlöse

Bei der Entwicklung eines sog. Treiberbaums ist es sinnvoll mit den Erlösen der einzelnen Geschäftsfelder zu beginnen. Es geht hierbei um die Frage: Welche Treiber bestimmen meine Umsatzerlöse? Je Geschäftsfeld können dies ganz unterschiedliche Treiber sein. Beispielsweise ist im E-Commerce Bereich u.a. der durchschnittliche Wert des Warenkorbs entscheidend. Mit Blick auf unser Praxisbeispiel eines kommunalen Unternehmens sind bei den Infrastruktursparten der Strom- und Gasverteilung, u.a. die sog. Regulated Asset Base, und somit die Investitionstätigkeit entscheidend. Nachdem die Umsatzerlöse in Treibern beschrieben sind, sind die Kosten der Geschäftsfelder möglichst variabilisiert mit den Umsatztreibern zu verknüpfen. Zum Beispiel: Wie sind meine durchschnittlichen Kosten, um einen potenziellen Kunden auf meine E-Commerce Plattform zu bringen? Oder wieder bezogen auf unser Praxisbeispiel: Wie hoch sind meine jährlichen Betriebskosten in Relation zur Regulated Asset Base?

 

Seitdem die Auswirkungen durch Lockdowns und weitere Folgen der Pandemie im Herbst 2021 deutlich zurückgegangen sind, erleben wir weltweit eine deutliche Zunahme der Nachfrage in den verschiedensten Wirtschaftszweigen. Die Folge sind steigende Preise für nahezu alle Produktklassen. Auch die Energiepreise steigen seit dem Herbst 2021 enorm an. Zwischenzeitig standen Verbrauchern auf den gängigen Vergleichsportalen nur noch eine Handvoll Strom- und Gastarife zur Auswahl, da die meisten Energieversorger aufgrund der Unsicherheiten an den Märkten keine neuen Verträge mit Verbrauchern abgeschlossen haben. Der nun seit vielen Wochen bestehende Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen Konflikte zwischen den europäischen Staaten und Russland verstärken die Unsicherheiten auf den Energiemärkten weiter. Diese hohe Anzahl an extremen Unsicherheiten und Einflussfaktoren auf die Energiemärkte machen es für (kommunale) Energieversorger zwingen erforderlich, ihre Planungs- und Steuerungsinstrumente zu verschlanken und zu beschleunigen. Die Umsetzung einer treiberbasierten Planung kann hier ein geeignetes Instrument sein.

 

Über den Autor

Florian Schulte war viele Jahre in Fach- und Führungsposition mit den Themenschwerpunkten Regulierung und Controlling bei einem kommunalen Energieversorger tätig. Seit Anfang 2022 ist er gemeinsam mit Florian Schnipkoweit Co-Founder des Startups MARCLEY. Das Gründer-Duo möchte mit MARCLEY die Energiewende in Bestandsgebäuden vorantreiben und eine Lösung für den zunehmenden Wunsch nach Unabhängigkeit in der Energieversorgung bieten. Als Marktplatz vermitteln Sie Eigentümern von Wohnungen und Mehrfamilienhäusern Anbieter und Betreiber von Photovoltaikanlagen im sog. Mieterstrommodell.

Florian Schulte auf LinkedIn.

 

Auf unserem Blog haben wir uns auch in diesem Beitrag mit treiberbasierter Planung befasst, ebenso hier.

Fotos: Canva, Florian Schulte