Die neuen Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise sollen eine international einheitliche Umsetzung des Fremdvergleichsgrundsatzes erreichen. Welche Aspekte der neuen Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise dabei von besonderer Bedeutung für die Praxis sind, erklärt Tobias Polka, Wirtschaftsprüfer / Steuerberater und Vorstand bei der ADKL in Düsseldorf.
Wie bewertet man Marketingleistungen innerhalb des Konzerns? Wie hoch wird ein Darlehen verzinst, das ein Schwesterunternehmen gewährt? Längst sind Verrechnungspreise kein Nischenthema mehr, jede international aufgestellte Firmengruppe muss strenge Regeln beachten, wenn sie interne Dienstleistungen oder Lieferungen verrechnet. Mitte Juli 2021 hat das Bundesfinanzministerium (BMF) nun neue Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise (VwGr-VP) veröffentlicht. Sie lösen dabei eine Reihe BMF-Schreiben seit 1983 ab, unter anderem die Verwaltungsgrundsätze-Verfahren aus 2005, die sich schwerpunktmäßig mit Dokumentationsfragen befassten. Die neuen Verwaltungsgrundsätze gelten ab sofort und für alle noch offenen Veranlagungszeiträume.
Lückenlose Dokumentation bereits bei Preissetzung
Neben zahlreichen komplexen Anforderungen müssen Unternehmen künftig vor allem noch stärker darauf achten, die Verrechnungspreise bereits zum Zeitpunkt der Planung sauber zu dokumentieren. Zunehmend richten die Betriebsprüfer ihre Aufmerksamkeit auf die Verrechnungspreise und wollen wissen, wie diese zustande gekommen sind. Grundvoraussetzung für eine Diskussion mit der Finanzverwaltung ist daher eine ausführliche Dokumentation der Preise und dessen Ermittlung – und das bereits zum Zeitpunkt der Preissetzung. Eine Nichtbeachtung der gesetzlichen Verpflichtung kann teuer werden.
Vertragsabschluss als maßgeblicher Zeitpunkt
Nach meiner Einschätzung stellt das jetzige BMF-Schreiben eine kleine Revolution dar, denn der maßgebende Zeitpunkt für den Fremdvergleich ist nicht der Erfüllungszeitpunkt der Leistung, sondern der des Vertragsabschlusses. Schließt das Unternehmen beispielsweise einen Darlehensvertrag und schreibt dort einen Zinssatz fest, dann wird nicht danach gefragt, ob der Zinssatz ein oder zwei Jahre später fremdüblich ist. Stattdessen wird im ersten Schritt danach gefragt, ob der Zinssatz zum Zeitpunkt der Vertragsvereinbarung fremdüblich war.
Anpassung an internationale Standards
Das BMF passt mit den VwGr-VP seine Sichtweise zum Fremdvergleichsgrundsatz an internationale Standards an. Zu diesem Zweck werden die OECD-Verrechnungspreisrichtlinien 2017 in das Schreiben als Anlage inkludiert. Außerdem wird auf eine Vielzahl zwischenzeitlich ergangener finanzgerichtlicher Rechtsprechungen sowie Gesetzesänderungen reagiert. Das neue BMF-Schreiben ist auf alle offenen Verrechnungspreisfälle anzuwenden. Wir empfehlen Steuerpflichtigen mit gruppeninternen Geschäftsbeziehungen dringend, ihre Verrechnungspreise bereits vor einer zukünftigen Betriebsprüfung auch auf die oben genannten Aufzeichnungs- und Mitwirkungspflichten hin zu analysieren, um die potenzielle Anwendung von Schätzungen und Strafzuschlägen durch die Steuerbehörden zu vermeiden.
Mehr zum Thema Verrechnungspreisdokumentation können Sie auch im Podcast „Tax Talk“ von ADKL erfahren. Die Folgen können Sie hören über Spotify oder Apple.
Das vollständige BMF-Schreiben können Sie hier abrufen.
Über den Autor
Tobias Polka ist Wirtschaftsprüfer/Steuerberater, Partner/Vorstand bei ADKL in Düsseldorf und Mitglied des Management Boards von MSI Global Alliance in London. Neben der Beratung internationaler Unternehmensstrukturen mit den Schwerpunkten Transfer Pricing und Unternehmensnachfolge, berät er seit über 15 Jahren an der Schnittstelle zwischen IT und der Steuerfunktion.
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