Wie kann sich das Controlling auf Prozessänderungen durch Industrie 4.0 einstellen? Um im anspruchsvollen Wettbewerbsfeld mithalten zu können, setzt die Maschinenfabrik Bernard Krone GmbH & Co. KG in der Landmaschinen-Produktion bereits seit Jahren auf softwaregestütztes Produktionsmanagement. Björn Greven, Leiter Controlling bei der Maschinenfabrik, stellt in seinem Gastbeitrag vor, wie das Produktionscontrolling mit dieser Herausforderung umgeht.
Für die effiziente Gestaltung von Fertigungs- und Ressourcenmanagement spielt der Einsatz von produktionsnaher IT eine wichtige Rolle. So auch bei der Maschinenfabrik Bernard Krone GmbH & Co. KG, einem der führenden Hersteller in der Landmaschinentechnik. Aus einer einfachen Schmiede entwickelte sich in über 110 Jahren die Maschinenfabrik Bernard Krone GmbH & Co. KG zu einem Full-Liner im Bereich der Grünfutterernte. Mittlerweile wird das Emsländer Familienunternehmen bereits in der vierten Generation geführt. 1.900 Mitarbeiter arbeiten allein am Standort Spelle für das Unternehmen, welches in über 40 Länder exportiert und einen Exportanteil von über 75 Prozent aufweist. Krone ist weltweit mit Tochtergesellschaften in großen Märkten sowie einem umfassenden Händlernetzwerk vertreten. Im Jahr 2010 wurde bei Krone das zuvor eingeführte Manufacturing Execution System nachhaltig erweitert.
Produktionscontrolling und Industrie 4.0 – eine Definition
Werden Prozesse verändert, hat das auch Auswirkungen auf das Controlling. Für das Produktionscontrolling ist es wichtig, sich auf die neuen Entwicklungen durch Industrie 4.0 einzustellen. Industrie 4.0 ist ein derzeit vielgenutztes Schlagwort, doch wofür steht der Begriff eigentlich? Er meint im Wesentlichen die intelligente Vernetzung von Produkten und Prozessen entlang der Wertschöpfungskette und gilt als bedeutender Faktor für die Sicherung des Produktionsstandorts Deutschland. Es deutet viel darauf hin, dass sich der damit prophezeite Paradigmenwechsel innerhalb der Produktion nicht von heute auf morgen, sondern schrittweise vollziehen wird. Das übergeordnete Ziel sind effizientere Prozesse im Rahmen der Leistungserstellung sowie ein höherer Kundennutzen durch innovative Produkte und Dienstleistungen im Rahmen des Leistungsangebots. Aber unabhängig davon, ob Industrie 4.0 als Revolution oder als evolutionäre Entwicklung zu sehen ist, kann ein Paradigmenwechsel bezogen auf die Möglichkeit zur Echtzeitsteuerung betrieblicher Prozesse erwartet werden.
Für das Controlling ergeben sich in diesem Zusammenhang neue Möglichkeiten – aber auch Herausforderungen. In den letzten Jahren waren die Veränderungen sehr rasant, das Veränderungstempo wird sicher noch zunehmen. Eine große Herausforderung für das Produktionscontrolling in Zeiten von Industrie 4.0 besteht im Handling der großen Datenmengen. Auch gilt es, die Daten in einer Qualität vorzuhalten, die es erlaubt, Rückschlüsse daraus zu ziehen und Maßnahmen abzuleiten. Letztlich möchten wir als Controller nicht nur die Vergangenheit verstehen, sondern auch die Zukunft ausgestalten. Durch die Erfassung von immer mehr Daten und durch die Vernetzung kann man heute viel schneller und sicherer aussagekräftige Prognosen erstellen. Das hilft uns und ist zudem auch zwingende Voraussetzung, um in dem immer dynamischer werdenden Marktumfeld wettbewerbsfähig zu bleiben.
Einführung von Betriebsdatenerfassung (BDE) und Maschinendatenerfassung (MDE)
Mit dem Ziel, die Maschinen- und Personalauslastung zu verbessern, wurde bei Krone im Jahr 2010 damit begonnen, die Betriebsdatenerfassung (BDE) zu erweitern und zu optimieren und eine Maschinendatenerfassung (MDE) einzuführen. Treiber für die Einführung waren Fragen wie: Wo müssen wir als Unternehmen noch effektiver und besser werden? Wo haben wir uns in den vergangenen Jahren gut und wo nicht so gut aufgestellt? Dazu sollte die Produktion mittels Daten- und Leistungsmessung genauer erfasst werden. Die Erwartungen an das Manufacturing Execution System (MES) waren neben der Verbesserung der Auslastung in vielerlei Hinsicht hoch. So ging es auch darum
- konkrete Ansatzpunkte zu finden, um langfristig die Arbeitsabläufe zu optimieren
- die Motivation der Mitarbeiter zu steigern
- die Fertigung präziser zu steuern
- die Kapazitätsplanung auf Basis von Ist-Werten vornehmen zu können
- Störungen zu reduzieren und sie genau auf Betriebsmittelkonten zu verrechnen.
In Summe sollte dies alles auch zu einem nachhaltigen und transparenten Controlling führen. Sämtliche vorher vorhandenen Insellösungen wurden mit dem neuen System abgelöst werden. Krone entschied sich für die MES-Lösung Hydra von der MPDV Mikrolab GmbH.
Im Fokus stand die Erfassung von Soll- und Ist-Daten. Hierauf wurde ein Produktionscontrolling aufgesetzt. Im Zuge der Einführung der Maschinendatenerfassung wurde beispielsweise auch festgestellt, dass die Anordnung der Maschinen optimiert werden kann. Die Maschinenanordnung wurde verändert, wo früher jeder Mitarbeiter genau zwei Maschinen zu bedienen hatte, können nun mehrere Werker flexibel gemeinsam mehrere Maschinen betreuen. Die automatische Mengenerfassung an den Maschinen erleichtert die Planung der Folgeaufträge, da jetzt frühzeitig erkennbar ist, ob die geplante Sollzeit eingehalten werden kann. Zudem wird der Maschinenstatus automatisch erfasst. Bei längeren Stillständen wählt der jeweilige Werker den entsprechenden Störgrund aus einer Liste aus. Durch die zeitnahe Meldung von Störungen können die entstehenden Kosten sofort korrekt verbucht werden. Das erfüllt wiederum die Forderung nach einem transparenten Controlling.
In einer späteren Phase wurde auf dieser Basis auch eine Leistungsentlohnung eingeführt, um zusätzliche Leistungsanreize zu schaffen. Die im MES ermittelten Kennzahlen bilden die Basis für die Leistungsentlohnung der Fertigungsmitarbeiter in der Zerspanung bei Krone.
Maschinen-Ausfallquote deutlich reduziert
Die Einführung des MES führte zu deutlichen Erfolgen. So konnte beispielsweise direkt zu Anfang des Projektes durch eine Wirtschaftlichkeitsberechnung belegt werden, dass der Ersatz von sechs älteren Werkzeugmaschinen durch drei neue Maschinen wirtschaftlicher ist. Diese wurden dann ausgetauscht. Im ersten Jahr der MDE, dem Geschäftsjahr 2010/2011, hatte Krone eine Ausfallquote der Maschinen von 7,1 Prozent. Heute liegt diese bei nur noch 1,5 bis 2 Prozent – zum einen durch Austausch älterer Maschinen und Ersatzinvestitionen, zum anderen aber auch durch die vorbeugende Wartung und bessere Instandhaltung. Seit Einführung der MDE erstellt das Produktionscontrolling dazu regelmäßig Berichte. Die genannten sind nur zwei von zahlreichen Erfolgen nach Einführung des MES.
Herausforderungen in der Einführung
Der Start des Projekts im Jahr 2010 markierte auch einen großen Kulturwechsel für die Mitarbeiter bei Krone. Ein MES einzuführen bedeutet, eine Brücke zwischen der Planungs- und der Produktionsebene aufzubauen. Die Produktion wurde transparent, aber das System ermöglicht auch eine Leistungskontrolle der Mitarbeiter. Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung eines solchen Systems. Wichtig war, den Betriebsrat und die Mitarbeiter zeitnah ins Boot zu holen und mittels gemeinsamer Gestaltung die Skepsis gegenüber der Einführung abzubauen. Mittlerweile fordern sowohl der Betriebsrat als auch die Mitarbeiter selber die Kennzahlen aus dem Produktionscontrolling aktiv ein.
Ausblick
Der Weg zu Industrie 4.0 ist nicht als endlich zu verstehen, sondern ein immerwährender Prozess. Zunächst wurden bei Krone die Voraussetzungen geschaffen, um Daten zu erfassen und dann die erfassten Daten in vernünftige Datenstrukturen zu bringen, damit daraus Rückschlüsse gezogen werden können. Jetzt geht es darum, diese Daten auch den Mitarbeitern im Werk, den Werkern zur Verfügung zu stellen. Derzeit beschäftigt sich Krone damit, die Werker-Portale, also die Informationsanzeige für die Mitarbeiter am Band, zu optimieren. Die Werker sollen die Planzeiten und Kennzahlen direkt angezeigt bekommen. Zudem wird auch gerade über den Einsatz von Tablets oder Datenbrillen für die Werker nachgedacht.
Zum Autor: Björn Greven, 35, ist seit 2007 im Controlling bei der Maschinenfabrik Bernard Krone GmbH & Co. KG in Spelle tätig. Seit 2013 Leiter Produktionscontrolling und neu seit 2017 in der Rolle des Leiters Controlling Landtechnik.