• 25. Mai 2021

Abschreibung: BMF ändert Nutzungsdauer für Computer und Software – „Wie erfolgt die Behandlung der Software, insbesondere Lizenzen, nach Handelsbilanz?“ – ein Interview mit Tobias Polka

Abschreibung: BMF ändert Nutzungsdauer für Computer und Software – „Wie erfolgt die Behandlung der Software, insbesondere Lizenzen, nach Handelsbilanz?“ – ein Interview mit Tobias Polka

Abschreibung: BMF ändert Nutzungsdauer für Computer und Software – „Wie erfolgt die Behandlung der Software, insbesondere Lizenzen, nach Handelsbilanz?“ – ein Interview mit Tobias Polka 1024 641 C4B

Ein aktuelles BMF-Schreiben verkürzt die steuerliche Nutzungsdauer von Computerhardware, Betriebs- und Anwendersoftware sowie Computerzubehör. Tobias Polka, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei der ADKL AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Düsseldorf, beantwortet Fragen zur Abschreibung aus dem C4B Benchmarking Circle.

 

Im BMF-Schreiben heißt es: „Für die nach § 7 Absatz 1 EStG anzusetzende Nutzungsdauer kann für die in Rz. 2 ff. aufgeführten materiellen Wirtschaftsgüter „Computerhardware“ sowie die in Rz. 5 näher bezeichneten immateriellen Wirtschaftsgüter „Betriebs- und Anwendersoftware“ eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde gelegt werden.“

 

Darf die Fiktion von einem Jahr Nutzungsdauer auch in der Handelsbilanz angesetzt werden oder gilt die Fiktion nur steuerlich?

Tobias Polka: Das Handelsrecht sieht bei abnutzbaren Anlagegegenständen eine planmäßige Abschreibung über deren Nutzungsdauer vor. In der Praxis wird diese regelmäßig entweder aus der betriebsindividuell erwarteten Nutzungsdauer (Erfahrungswerte) oder aus den von der Finanzverwaltung veröffentlichten AfA-Tabellen abgeleitet. Bei der nun im Rahmen des BMF-Schreibens vom 26.02.2021 geschaffenen pauschalen Fiktion einer Nutzungsdauer von einem Jahr für Hard- und Software handelt es sich jedoch weder um eine begründete betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer noch wurden die AfA-Tabellen entsprechend angepasst. Die pauschalierte Nutzungsdauer von einem Jahr wird in der Regel nicht mit der Lebenswirklichkeit übereinstimmen. Damit ist eine Übernahme der Nutzungsdauer in den handelsrechtlichen Jahresabschluss grundsätzlich nicht möglich. Oberhalb der GWG Grenze von netto 800,00 EUR (laut IDW) kommt es somit zu einem Auseinanderfallen von Handels- und Steuerrecht. Durch die Abweichungen zwischen Handels- und Steuerrecht könnten passive latente Steuern nach § 274 HGB zu bilden sein.

Hervorzuheben ist hierbei, dass es sich bei der Anwendung des BMF-Schreibens um eine sogenannte „Kann-Vorschrift“ handelt. Für den Steuerpflichtigen besteht insoweit ein Wahlrecht, ob dieser die bisherige betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer für die Abschreibung zugrunde legen möchte oder die Neuregelung von einem Jahr anwenden möchte. Somit könnte zu Lasten des Betriebsausgabenabzuges (temporärer Nachteil) eine Abweichung von Handels- und Steuerrecht vermieden werden.

 

Wie ist auf Basis des BMF-Schreibens mit Lizenzen umzugehen?

Tobias Polka: Entscheidend für die Abschreibungsdauer von Lizenzen für Software ist die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer. Grundsätzlich sind Lizenzen als immaterielle Wirtschaftsgüter sowohl handels- als auch steuerrechtlich zu aktivieren. Lizenzen werden in den amtlichen AfA-Tabellen nicht ausgeführt. Gemäß BMF-Schreiben vom 17.10.2005 beträgt die pauschalierte betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von ERP-Software (wie SAP) fünf Jahre. Auch wenn Lizenzen im BMF-Schreiben vom 26.02.2021 nicht explizit erwähnt werden, sollte unseres Erachtens auch hier die Fiktion des BMF Schreibens gelten und eine Abschreibung über ein Jahr möglich sein. Für die Anwendung des BMF-Schreibens spielt die Form der Finanzierung (Sofortkauft, Miete, Leasing) keine Rolle. Das BMF-Schreiben definiert lediglich die Nutzungsdauer für bestimmte Hard- und Software. Hierunter ist ebenfalls die ERP-Software zu subsumieren. Allerdings kann es auch hier wieder zu unterschiedlichen Wertansätzen zwischen Handels- und Steuerrecht kommen.

Fotos: Tobias Polka, Pixabay

 

Über Tobias Polka

Tobias Polka ist Wirtschaftsprüfer/Steuerberater, Partner/Vorstand bei ADKL in Düsseldorf und Mitglied des Management Boards von MSI Global Alliance in London. Neben der Beratung internationaler Unternehmensstrukturen mit den Schwerpunkten Transfer Pricing und Unternehmensnachfolge, berät er seit über 15 Jahren an der Schnittstelle zwischen IT und der Steuerfunktion. Neben der praktischen Tätigkeit ist er als Autor und Referent für namhafte Verlage und Akademien national und international tätig.

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